Vertreibung aus der Heimat

  • Über 65 Jahre nach Flucht und Vertreibung — Unrecht verjährt nicht!
  • Bilder vom Heimattreffen in Heidenheim und Schwarzenbruck
  • Erlebnisberichte von Landsleuten über die Vertreibung
  • Die ehemaligen bayerischen Grenzdurchgangslager Furth im Wald und Wiesau/Oberpf.
  • Die Aufgaben der „Waggon-Ältesten“ bei den Vertreibungstransporten im Jahr 1946
  • Die Situation in den Güterwaggons
  • Menschen als Fracht in Güterwaggons
  • Über die „Wilden Vertreibungen“ im Jahr 1945 aus dem „böhmischen Teil“ 
    des Schönhengstgaues wurden mehrere Erlebnisberichte veröffentlicht
  • „Odsun“ = Abschub/Abschiebung/Transfer oder „vyhnání“ = Vertreibung?

  • Aufnahme und Eingliederung der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge 

  • Aufnahmeländer / Aufnahmestaaten der sudetendeutschen Heimatvertriebenen 

  • Außerordentliche Volksgerichte in der ČSR
  • Die Rolle der Katholischen Kirche in der ČSR 1945/46
  • Rückblende
     

Nach mehr als 65 Jahren seit Flucht und Vertreibung — Unrecht verjährt nicht!

Über die ersten gewaltsamen Vertreibungen von Landsleuten aus Blumenau, Hopfendorf, Karlsbrunn, Lauterbach und Nikl am 26. Juni 1945 berichten die Brüder Franz und Leopold Wala im „Heimatbuch Blumenau" auf den Seiten 118/119 und 122/123.

Über den Vertreibungstransport am 13./14. Juli 1945 berichtet Frau Herta Kretschmer, geb. Doleschal, im Heimatbuch Laubendorf, 2. Auflage, Seiten 183 bis 193 und im „Schönhengster Jahrbuch 2007“, Seiten 158 bis 167.

Weitere Vertreibungen aus Laubendorf und den Nachbarorten im Jahr 1946:
am 24./25. März, 16. April, 16. Mai, 4. Juni, 3. Juli und 22. Juli, danach am 29. August und 8. Oktober 1946.

Mit dem ersten Vertreibungstransport im Jahr 1946 kam am 24. April 1946 eine große Anzahl von Laubendorfern (und Schönbrunnern) nach Schwarzenbruck, Altdorf, Feucht und Umgebung im Kreis Nürnberger Land. Viele Landsleute schufen sich hier eine neue Heimat.

Mit dem letzten Vertreibungstransport aus unserer Heimat endete die friedliche Besiedlung, die vor 700 Jahren (um 1250) durch deutsche Ansiedler aus Franken, ebenfalls unter großen Entbehrungen und gewaltigen Strapazen, begonnen hatte.
Alle Landsleute gehören dem röm.-kath. Glauben an.

Im Jahr 1953 lebten in der Gemeinde Schwarzenbruck noch 92 Laubendorfer und 84 Schönbrunner.

Anlässlich der Sudetendeutschen Tage zu Pfingsten 1955 und 1956 in Nürnberg trafen sich Landsleute aus Laubendorf in kleiner Runde in einem Café in Nürnberg bzw. in einer Gaststätte in Schwarzenbruck-Ochenbruck. 

Im Jahr 1962 fand das erste große Laubendorfer Heimattreffen in Altenfurt bei Nürnberg (damals noch eine selbständige Gemeinde) statt. Die weiteren Heimattreffen der früheren Einwohner von Laubendorf und Schönbrunn fanden ab dem Jahr 1963 in Schwarzenbruck statt.

Das Heimattreffen im Jahr 1965 hatte besondere Bedeutung. Oberlehrer Wenzel Koblischke hielt einen Festvortrag „700 Jahre Besiedlung unserer Heimat. Urkundliche Erwähnung der Ansiedlung Levendorf in der Gründungsurkunde Politschka´s“.

Die Gemeinde Schwarzenbruck hat im Jahr 1988 eine Straße nach Laubendorf und eine Straße nach Schönbrunn benannt. Hierfür und für die jahrelange Gastfreundschaft anlässlich der Heimattreffen gebührt der politischen und der Kirchen-Gemeinde Schwarzenbruck ein herzlicher Dank.

Anlässlich des 18. Heimattreffens wurde am 15. September 1991 nach einem feierlichen Gottesdienst der „Laubendorfer Gedenkstein mit Gedenktafel“ auf dem Kirchenhügel in Schwarzenbruck eingeweiht. Dieser Gedenkstein soll an die Verstorbenen, an die Gefallenen und an unsere Heimat in Böhmen, Mähren und Sudeten-Schlesien erinnern.

Am 16. und 17. September 1995 trafen sich zum 20. Heimattreffen wiederum Landsleute aus der Bundesrepublik Deutschland, Österreich, der Schweiz und aus Kanada in Schwarzenbruck.

Aus Anlass des 50. Jahrestages der Ankunft des Vertreibungstransports in Schwarzenbruck fand am Sonntag, 28. April 1996, in der katholischen Kirche St. Josef zu Schwarzenbruck ein Gedenkgottesdienst statt.

In den Jahren 1997, 1999, 2001, 2003, 2005, 2007, 2009 und 2011  trafen sich viele der früheren Einwohner von Laubendorf zum 21., 22., 23., 24., 25. 26., 27. und  28. Heimattreffen jeweils in Schwarzenbruck.

Rechnet man die „Kleinen Treffen“ anlässlich der Sudetendeutschen Tage zu Pfingsten 1955 und 1956 hinzu, dann waren es bis 2011 insgesamt 30 Heimattreffen.                                                                                                                            

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Schönhengster Heimattag 1953 in Heidenheim/Brenz

 

 

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Totenehrung am Gedenkstein anlässlich des Laubendorfer Heimattreffens im Jahr 1993

 



Totenehrung am Gedenkstein anlässlich des Laubendorfer Heimattreffens im Jahr 1999

 



Totenehrung am Gedenkstein anlässlich des Laubendorfer Heimattreffens im Jahr 2003

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Erlebnisberichte

Erlebnisberichte von Landsleuten über die Vertreibungen aus der Heimat im Jahr 1945 und 1946 wurden veröffentlicht in:

„Schönhengster Heimat“ Mai 1995, Seite 40; Juni 1995, Seite 43; April 1997, Seite 38; Mai 1997, Seite 5; Juli 1997, Seite 36; Oktober 1997, Seite 38; Juni 2003, Seiten 1-2 und 37 ff.; Juli 2003, Seiten 39/40; August 2003, Seiten 40/41; Februar 2006, Seiten 4 bis 9 und 27; März 2006, Seiten 26/27; April 2006, Seiten 27/28; Mai 2006, Seiten 14/15 und 25/26 sowie Juli 2006, Seiten 49/50.

„Schönhengster Jahrbuch“ 1997, Seite 109; 1998, Seiten 137 und 139.

Broschüre von Ludwig Suchomel
„Dokumentation über die Vertreibung der Deutschen aus dem Raum Wildenschwert am 8. März 1946“ mit 60 erschütternden Original-Aufnahmen, 

Buch von Franz J. C. Gauglitz „Landskroner Not und Tod“,

Buch von Prof. Rudolf Grulich „Zeitzeugen der Ethnischen Säuberung 1945/46“ und

Buch von Prof. Dr. Peter Glotz „Die Vertreibung“, ‘Böhmen als Lehrstück’, 2003, Seiten 233 ff.

Vergleiche auch die Homepage von Landsmann Neudert, Leipzig, 

www.neudert-johann.de/Laubendorf.htm#Vertreibungsbericht

„Erlebnisberichte von drei Laubendorfer Frauen, deren Familien am 13. Juli 1945 Betroffene der ‘wilden Vertreibung’ waren.“

 

„Erinnerungen an das Kriegsende 1945 in Laubendorf und an den 4. Vertreibungstransport im Jahr 1946“ von Hans Doleschal (Haus-Nr. 93) in der Homepage:

http://www.laubendorf-im-schönhengstgau.de

https://www.facebook.com/notes/425700537478425/

 

Vergleiche auch den Beitrag „Vertreibungsschicksale“ von Johann Neudert, in „Schönhengster Heimat“, März 2012, Seiten 50/51.

Anmerkung:
Die Namensliste vom ersten Vertreibungstransport 1945 existiert nicht mehr. In einem Schriftstück des Kreis-Nationalausschusses in Polička vom 1. Juli 1945 wurde die Vertreibung von 500 Personen angekündigt.
Die Namenslisten der Vertreibungstransporte im Jahr 1946 sind im Staatlichen Gebietsarchiv in Zámrsk archiviert.

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Erlebnisbericht von Maria Ott

Fünfter Vertreibungstransport am 3. Juli 1946 aus unserer Heimat Laubendorf in eine ungewisse Zukunft

Aufgeschrieben 64 Jahre nach der Vertreibung von Maria Ott, geborene Kohl, aus Laubendorf, Haus-Nr. 52, Landkreis Zwittau im Schönhengstgau, Sudetenland,

April 1946:
Einige Tschechen wollten nicht warten, bis die deutschen Eigentümer vertrieben waren. Deshalb mussten mehrere Familien, so Kohl / Leis, Haus-Nr. 52, Schmid, Haus-Nr. 137 und Petter, Haus-Nr. 223, ihre Häuser bereits kurz vor Ostern 1946 verlassen. Sie wurden bei tschechischen Bauern, auch im tschechischen Gebiet, als unentgeltliche Arbeitskräfte eingesetzt.
Es verbreitete sich die Angst, dass die bereits enteigneten Landsleute zur Arbeit zurückgehalten werden. Beim Vertreibungstransport am 3. Juli 1946 waren Gott sei Dank auch diese Landsleute dabei.
Maßgebende Tschechen versuchten allerdings, deren Vertreibung zu verzögern, weil man bei ihnen angeblich Kopfläuse fand.

Der (vorletzte) Transport am 3. Juli 1946:
Betroffen waren 347 Landsleute aus Laubendorf, 170 aus Dittersbach, 54 aus Riegersdorf und 3 aus Böhmisch Rothmühl,
zusammen 574 Personen.
Es war ein heißer Tag. Zum Bahnhof nach Politschka mussten wir zu Fuß gehen.
Wir durften lediglich 50 kg Gepäck pro Person mitnehmen. Es wurde mit Pferdefuhrwerken zum Bahnhof gebracht.
30 Personen mit Gepäck und Kinderwägen wurden jeweils in einem Güterwaggon "verladen". Der Platz war sehr beschränkt.
Nur ein Teil der Waggon-Insassen konnten sich auf dem Boden ausstrecken, die anderen kauerten auf ihren Habseligkeiten. Immer wieder gab es "Schichtwechsel".
Für die Notdurft gab es einen Eimer. Er wurde gelegentlich ins Freie entleert.
In der ersten Nacht hielt der Zug längere Zeit auf freier Strecke. Einige jüngere Landsleute nächtigten während dieses Aufenthalts im Freien.

Am 4. Juli 1946 kamen wir in Landskron an. Es war ein langer Fußmarsch bis zu einem früheren RAD-Lager. Dort warteten wir bei großer Hitze im Straßengraben, bis wir auf die einzelnen Baracken verteilt wurden.
Das Gepäck wurde nachgeliefert und kontrolliert. Was den Kontrolleuren gefiel, wurde weggenommen. Es gab auch Körperkontrollen.
Gesucht wurde nach Geld, Schmuck, Sparbüchern, Dokumenten und Wertgegenständen.
Einige Landsleute hatten Geld im Schulterpolster oder im Kleidersaum eingenäht. Es wurde meistens gefunden und beschlagnahmt.
Für junge Leute, die die Tragweite noch nicht realisiert hatten, gab es trotz allem schöne Abende. Landsmann Franz K. hatte sein Musikinstrument mitgenommen, das aber beschlagnahmt wurde. Weil er die tschechische Sprache beherrschte, bekam er das Instrument wieder zurück. Er konnte damit an den Abenden Musik machen. Unsere tschechischen Bewacher hörten auch gerne zu.
Der Alltag war allerdings weniger schön.
Der Tag begann mit einem Appell. Die Menschen wurden zu Arbeiten bei Bauern, zum Kohleschippen oder zu Arbeiten in der Küche eingeteilt.
Zum Essen gab es dünne Kartoffelsuppe aus alten Kartoffeln. Man konnte sich nicht sattessen. Viele Landsleute wurden von Wanzen geplagt.
Der ärztlichen Untersuchung nach Infektionen und auf Transportfähigkeit folgte am 15. Juli 1946 die Einstäubung“ mit DDT-Pulver.

Am 18. Juli 1946 wurden wir wieder in Güterwaggons "verladen" und fuhren an diesem schönen Sommerabend über Prag einem unbekannten Ziel entgegen.
Die Sonne spiegelte sich in den Fenstern des Hradschins und die Moldau floss friedlich dahin. Gelegentlich hielt der Zug auf freier Strecke. Man hatte Gruben ausgehoben mit Stangen ringsum. Hier konnten wir die Notdurft verrichten.
Es war alles sehr peinlich.
Zu unserem Transport Nr. 328 gehörten 1.200 Personen in 40 Güterwaggons.
Meine Mutter und ich waren mit weiteren 28 Laubendorfern im Waggon Nr. 6 .
Für jeden Waggon war ein „Waggon-Verantwortlicher“ bestimmt worden. Über seine Aufgaben und Pflichten siehe beigefügte Anlage.
Außer den bereits erwähnten 574 Personen stammten die weiteren 624 Personen aus der Stadt und dem Kreis Landskron und aus zwei angrenzenden Gemeinden, sowie 2 Personen aus der Stadt Zwittau.

Erleichterung trat ein, als wir merkten, dass der Zug in Richtung Westen fuhr.
Über Taus kamen wir am 20. Juli 1946 nach Furth im Wald. Das tschechische Begleitpersonal übergab uns den deutschen Behörden.
Wir wurden wiederum mit DDT-Pulver entlaust. Unsere Haare waren verklebt und voller Pulver.
Nach der Registrierung gab es 500 Reichsmark und etwas an Lebensmitteln.

Wir freuten uns über die erlangte Freiheit, waren aber schnell ernüchtert. Es kamen Leute zu uns Angekommenen und bettelten um Lebensmittel. Wir erfuhren, dass die Lebensmittel im Rest-Deutschland knapp waren.

Nach einiger Zeit fuhr der Zug weiter über Schwandorf und Regensburg. Im Morgengrauen sahen wir das Ulmer Münster. Am verregneten Sonntagmorgen, dem 21. Juli 1946, hielt der Zug. Wir waren in Göppingen.
Es folgte ein Fußmarsch in die verschiedenen provisorischen Lager, wie Boehringer, Schuler, Handelsschule und Wilhelmshöhe. Das Essen war überall knapp.
Erfreulich war, dass wir uns im Göppinger Hallenbad säubern konnten. Ohne Altersunterschied mussten wir uns (nach Geschlechtern getrennt) gleichzeitig nackt ausziehen. Man hätte es anders machen können!
Danach mussten wir zu einer Röntgen-Reihenuntersuchung.

Ab dem 28. Juli 1946 wurden wir "Ankömmlinge" bei Privatleuten in Göppingen, Jebenhausen, Adelberg, Börtlingen, Deggingen, Ebersbach, Heiningen, Rechberghausen, Uhingen und in anderen Orten des Landkreises untergebracht, nicht immer zur Freude der oftmals dazu gezwungenen Haus-/Wohnungseigentümer.

Der Standort Göppingen und Umgebung erwies sich als günstig, da es sich um ein Industriegebiet handelt und die Landsleute bald Arbeit fanden.
Bereits ab 1951 konnten die ersten Familien im Rahmen einer Siedlungsaktion mit viel Eigenleistung ein Eigenheim erwerben.
Wir waren froh, dass wir in die amerikanisch besetzte Zone Deutschlands gekommen sind.

Nach Jahren der Entbehrungen, Bescheidenheit, Mühsal und viel Fleiß haben wir uns alle gut eingelebt und es zu einem bescheidenen Wohlstand gebracht.
Die Kinder konnten in Frieden und Freiheit aufwachsen und meist gute Berufe ergreifen. Sie kennen das unbeschreibliche Leid der Vertreibung ihrer Eltern und Großeltern nicht.
Möge uns allen der Frieden lange erhalten bleiben!

Rückblickend müssen wir dankbar sein, dass das Schicksal mit uns doch noch gnädig war.

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Ergänzungen und Hinweise zum Bericht von Frau Maria Ott:

Vergleiche auch den Beitrag über die Eingliederung der Heimatvertriebenen im Landkreis Göppingen im „Schönhengster Jahrbuch 2011“, Seiten 155 bis 157.
Dieser Beitrag enthält auf Seite 156 zwei Ungenauigkeiten:
Der Tag der Ankunft des Transports aus Landskron in Göppingen war nicht der 20., sondern der 21. Juli 1946.
Es waren nicht 1.221, sondern laut Transportliste (nur) 1.200 Landsleute.

In der „Sudetendeutschen Zeitung“ vom 11. Februar 2011, Seite 1, erschien ein ausführlicher Beitrag über den 65. Gedenktag der Ankunft des ersten „organisierten“ Transports in Furth im Wald am 25. Januar 1946 aus Budweis.

Insgesamt kamen 1.112 Züge mit je 1.200 sudetendeutschen Landsleuten über Furth im Wald und Wiesau/Oberpfalz in die amerikanisch besetzte Zone Deutschlands, zusammen etwa 1,3 Millionen Landsleute, davon 705.000 über das Grenzdurchgangslager Furth im Wald. 

Durch das Grenzdurchgangslager Wiesau bei Tirschenreuth wurden ab dem 25. Februar bis 30. Oktober 1946 über 587.000 Heimatvertriebene geschleust.

In insgesamt 271 Transporten hat Österreich im Jahr 1946 über 224.425 Sudetendeutsche nach Deutschland abgeschoben. Die Grenzdurchgangslager waren Schalding bei Passau und Piding bei Freilassing / Bad Reichenhall.
142.000 Landsleute durften in Österreich  bleiben.
Nach Schätzungen gingen 700 Vertreibungstransporte mit Landsleuten in die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands.

Vergleiche auch Ausführungen in dieser Homepage unter Abschnitt "Neuanfang".

Anmerkung:
Wie akribisch die Vertreibungen im Jahr 1946 durchgeführt wurden, zeigt eine den Transportlisten in tschechischer, englischer und deutscher Sprache beigefügte Bescheinigung des Zollamts mit folgendem Inhalt:

„Die ausgeführten Effekten der 1.200 zum Abtransport bestimmten Deutschen wurden in der Ausfuhr zollamtlich abgefertigt und ein jedes Paket mit einer Zollmarke resp. Zollblei versehen.
Gepäckstücke, in denen die abtransportierten Personen Gegenstände des täglichen Bedarfes untergebracht haben, wurden kurz vor dem Abtransport aus dem Lager zollamtlich untersucht, so dass ein Beipack in der Ausfuhr verbotener Gegenstände gänzlich unterbunden wurde.

Lanškroun, dne 18. července 1946   (Landskron, den 18. Juli 1946)

Amtlicher Stempel und Unterschrift“

.……

Den Text der o.a. Bescheinigung und die im Bericht von Frau Maria Ott genannten Daten über die Anzahl und die Herkunft der zum Transport gehörenden Landsleute habe ich den Transportlisten entnommen. Sie sind bei der Stadtverwaltung in Furth im Wald archiviert.
Die Zug-/Transportlisten mit den Namen von etwa 160.000 Heimatvertriebenen sind dort noch vorhanden.

Alle Unterlagen des Grenzdurchgangslagers Wiesau wurden bei dessen Umwandlung in ein „Wohnlager“ am 31. Oktober 1946 wahrscheinlich vernichtet.

Hans Prull

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Die ehemaligen bayerischen Grenzdurchgangslager Furth im Wald und Wiesau/Oberpf.

 

Insgesamt 1,3 Millionen Heimatvertriebene wurden durch die beiden Grenzdurchgangslager geschleust. Es war für sie jeweils das Tor in die Freiheit. Nach Aufnahme, Betreuung, Registrierung und ärztlicher Untersuchung erfolgte die Weiterleitung in eine völlig ungewisse Zukunft. Kranke blieben im Hilfskrankenhaus, deren Angehörige wurden im Lager untergebracht.
152 Heimatvertriebene, darunter 30 Säuglinge und 20 Kleinkinder, die meisten unter 3 Jahren,
sind 1946 in Furth im Wald verstorben.
 

Die Nachkommen derer, die vor 700 Jahren nach Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien gerufen wurden, dort Dörfer und Städte gründeten und dem Land Wohlstand und Blüte brachten, vertrieb man 1945 und 1946 gewaltsam aus ihrer angestammten Heimat.
 

Über die vielen Einzelschicksale, die große materielle und seelische Not, die Hoffnungslosigkeit und Verbitterung der entwurzelten Menschen wurde wiederholt berichtet.

Die meisten Vertreibungstransporte aus den Aussiedlungslagern Deutsch-Brod, Friedrichsdorf bei Iglau, Landskron, Müglitz und Zwittau gingen über Furth im Wald. Jeder Transport hatte außer der Lokomotive 40 Güterwaggons, in denen jeweils ca. 30 Personen mit ihren verbliebenen Habseligkeiten sehr eingeengt waren, einen Personenwaggon, in dem sich neben Schwerkranken die tschechische Begleitmannschaft und 6 bewaffnete Soldaten befanden, und schließlich einen Waggon mit Verpflegung für einen Tag.
 

Im Stadtarchiv Furth i.W. befinden sich noch viele Zug-/Transportlisten mit den Namen von etwa 160.000 Heimatvertriebenen.

 

Vom Grenzdurchgangslager in Wiesau bei Tirschenreuth sind dagegen keine Zug-/Transportlisten vorhanden. Durch dieses Lager wurden über 587.000 Heimatvertriebene geschleust. Als Grenzdurchgangslager wurde es am 30. Oktober 1946 aufgegeben.

Die „Barackenstadt“ blieb danach noch über 10 Jahre, bis zum 30. Juni 1957, Wohnlager für Heimatvertriebene und SBZ-Flüchtlinge.

Die ab Februar 1946 nach und nach errichteten 54 Holzbaracken in Wiesau/Opf. stehen nicht mehr.

 

Das Grenzdurchgangslager Furth i.W. wurde im Oktober 1954 aufgelöst. Einige Baracken dienten noch bis Mitte 1962 als Wohnlager.

Von den 40 größeren und kleineren Baracken sind nur die Baracken Nr. 16 und 20, sowie die von Büschen umwucherte steinerne Küchenbaracke erhalten geblieben.
Die größere Baracke (Nr. 16) dient einem Pächter als Gartenhaus für seinen Schrebergarten.

 

Frau Susanne Maier (* 22.02.1975) hat als Studienassessorin im Jahr 1999 das lesenswerte Buch „Das Grenzdurchgangslager Furth im Wald 1946 bis 1957“ herausgegeben. Es hat 160 Seiten mit 90 Abbildungen und ist zu beziehen beim Verlag Ernst Vögel in 93491 Stamsried, Kalvarienbergstraße 22, Telefon 0 94 66 / 94 00-0, Fax 0 94 66 / 12 76.

Im Januar 2006 ist die 2. Auflage dieser Dokumentation erschienen. Sie kostet 9,95 Euro.

Frau Susanne Maier, jetzt Landshut, erhielt am 5. November 2006 in München den Förderpreis 2006 für Wissenschaft der Sudetendeutschen Landsmannschaft.

 

Vergleiche auch:

Dokumentation für den Landkreis Tirschenreuth  „Die Integration der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg“ von Herbert und Gunthild Houswitschka aus dem Jahr 1995.

 

In der umfangreichen Dokumentation von Lm Dr. Hans Jandl „Flüchtlinge und Heimatvertriebene im Rheingau-Taunus-Kreis“ aus dem Jahr 1989 ist auf Seite 97 eine Bescheinigung des Grenzdurchgangslagers Furth im Wald über eine ärztliche Untersuchung abgedruckt.

Der Verfasser schildert in der o.a. Dokumentation auch ausführlich die Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Armut und das unvorstellbare Elend der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen in jener Zeit.

 

Beitrag über die Vertreibung und das Grenzdurchgangslager Furth im Wald von Othmar Doleschal in „Schönhengster Heimat“, Dezember 1996, Seite 34 und Januar 1997, Seite 34.

 

Über das Grenzdurchgangslager Furth im Wald informiert auch die von der Further Realschule erstellte Internetseite

http://www.realschule-furth.de/boehmen%20und%20maehr/index.htm

Diese sehr aufschlussreiche Seite enthält unter anderem eine Skizze des Barackenlagers sowie Fotos und Kopien amtlicher Bescheinigungen.

Dieser Beitrag hat im Rahmen eines Wettbewerbs des Bayerischen Kultusministeriums den ersten Platz erhalten.
 

Ferner:

http://wiki-de.genealogy.net/wiki/Grenzdurchgangslager_in_Bayern
 

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Gedenktafel in Furth im Wald enthüllt

 

Am 9. Dezember 2006 wurde in Furth im Wald eine Gedenktafel feierlich enthüllt. Diese Gedenktafel soll an den ersten Vertreibungstransport erinnern, der am 25. Januar 1946 aus Böhmisch Budweis kommend mit 1.197 heimatvertriebenen Sudetendeutschen im neu errichteten Grenzdurchgangslager Furth im Wald eintraf.

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Eine Liste der im Jahr 1946 in Bayern angekommenen Vertreibungstransporte befindet sich

in dem Buch von Alfred Bohmann,
"Das Sudetendeutschtum in Zahlen", München 1959, Seiten 253 bis 272.

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Gedenkstein in Furth im Wald

Der Gedenkstein vor dem Bahnhofseingang in Furth im Wald erinnert an die ab dem 25. Januar 1946 im dortigen Grenzdurchgangslager eingetroffenen Vertreibungstransporte mit insgesamt über 700.000 heimatvertriebenen Sudetendeutschen. Bild 1 und 2.

Der schwarze Monolith trägt auf der Oberseite das Bronze-Relief des einstigen Grenzdurchgangslagers Furth im Wald mit der Inschrift in Deutsch, Tschechisch und in Blindenschrift. Bild 3.

Auf der zur Straße gewandten Seite sind auf einer Bronzetafel alle Abgangs- und Zielbahnhöfe der Vertreibungstransporte angegeben. Bild 4.

Auf der Rückseite des Monoliths zeigt die dritte Bronzetafel die Heimatgebiete der drei Millionen vertriebenen Sudetendeutschen. Bild 5.

Neben dem Gedenkstein erinnert eine Hänge-Blutbuche an die 240.000 sudetendeutschen Nachkriegs- und Vertreibungsopfer. Bild 2.

Die Finanzierung des Gedenksteins geschah vor allem über Spenden durch Heimatvertriebene aus der ganzen Bundesrepublik und durch Institutionen der Stadt Furth im Wald und im Landkreis Cham.

Ein ausführlicher Rückblick von Walter Wallner, Furth im Wald, ist im "Hoam!", Monatsschrift für die Böhmerwäldler, März 2011, Seiten 15 ff. und in der Böhmerwaldzeitschrift „Glaube und Heimat“, März 2011, Seiten 4 ff. veröffentlicht.

Die Bilder hat mir freundlicherweise der Verfasser des o. a. Beitrags zur Verfügung gestellt.
 

 

 

 

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Die Aufgaben der „Waggon-Ältesten“ bei den Vertreibungstransporten im Jahr 1946

 

Aus jedem der mit meist dreißig Personen besetzten Waggons wurde vor der Abfahrt des Zuges ein Waggon-Ältester/Waggon-Kommandant bestimmt. Ihm wurde in einer äußerst schwierigen Situation eine hohe Verantwortung übertragen. Die gleichzeitig ausgehändigte schriftliche Anweisung hatte folgenden Wortlaut:

 

„An die Waggon-Kommandanten

1.      Sie sind für die Ordnung, Sauberkeit und Disziplin in den Waggons verantwortlich.

2.      Sie haften die ganze Dauer des Transports dafür, dass in den Waggons sich keine Personen aufhalten werden, die nicht im Verzeichnis eingetragen sind und nicht in den Waggon gehören.

3.      Jeder Waggon-Kommandant hat in seinem Waggon sofort zu verlautbaren:

a)      Jedes Verlassen des Transportes ist Desertion und wird nach den Militärvorschriften bestraft.

b)      Es ist verboten:

-          Das Verlassen des Waggons ohne Befehl,

-          das Öffnen der Türen während der Fahrt,

-          das Herausstecken des Kopfes und der Hände,

-          auf das Waggondach zu steigen,

-          auf den Trittbrettern zu stehen,

-          das Auf- und Absteigen während der Fahrt,

-          jedwedes Verunreinigen des Waggons, 

-          die mutwillige Beschädigung des Waggons und seiner Einrichtung,

-          das Beschmutzen oder Beschmieren der Waggonwände und

-          das Herauswerfen von Gegenständen während der Fahrt.

Der Waggon-Kommandant haftet für die Einhaltung dieser Vorschriften.

 

4.      Für den Fall, dass ärztliches Einschreiten oder Behandlung notwendig sein sollte, ist die Wache auf der nächsten Haltestelle zu
verständigen.

5.      Sie sind für die richtige Rückgabe der Waggoneinrichtung verantwortlich, die Sie laut Verzeichnis übernommen haben:

Ofen, Kohlenkasten, Beleuchtungskörper, Fäkalieneimer und Einsteigeleiter. Weiters haften Sie für volle Sauberkeit des Waggons beim Verlassen in der Endstation.

6.      Sie sind weiters verantwortlich für die Einhaltung der Ordnung und Reinlichkeit, die Durchführung aller Disziplinarvorschriften, für die ordnungsgemäße Übernahme der Verpflegung in den Verpflegungsstationen und deren Aufteilung an die Waggoninsassen.

7.      Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass niemand den Waggon ohne ausdrücklichen Befehl verlässt. Im Falle, dass in einer Haltestelle das Verlassen des Waggons angeordnet werden sollte, haben Sie sich persönlich von der Anwesenheit aller Waggoninsassen vor der Abfahrt
zu überzeugen und dies dem Transportkommandanten sofort zu melden.

 

Der Transportkommandant“

 

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Die Situation in den Güterwaggons 
 

Junge und alte, gesunde und kranke Menschen, alle waren mit ihren Habseligkeiten auf den wenigen Quadratmetern des Waggons zusammengepfercht. Jeder suchte sich auf seinem Bündel, Koffer oder seiner Kiste ein Plätzchen. An Schlaf war nicht zu denken. 

Als Toilette diente ein großer Blecheimer, auf dem ein Holzbrett lag. Man konnte weder aus den Oberlichten noch bei der Schiebetür hinausschauen. Beleuchtung gab es keine. Die ganze Fahrt über war alles dunkel. Nahe beim Toiletteneimer mussten Frauen ihren Säugling stillen. Dort lagen oft kranke Menschen, die unentwegt jammerten. Andere heulten und beteten und sagten immer wieder: „Wie soll es weitergehen?“

Essen gab es - wenn überhaupt - nur einmal am Tag.

Besonders die Alten, Kranken und Kleinkinder hatten unter den beschwerlichen Umständen sehr zu leiden. Weder bei der Abfahrt noch während des Vertreibungstransports erfuhren die Menschen, wohin sie gebracht werden.

Es bestand große Angst, nach Russland oder in die sowjetisch-besetzte Zone Deutschlands zu kommen.


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Menschen als Fracht in Güterwaggons

Die Massendeportation der Sudetendeutschen im Jahr 1946 begann am 25. Januar  und brachte bis einschließlich 27. November insgesamt 1.112 Vertreibungstransporte mit meistens jeweils 1.200 Landsleuten über die Grenzdurchgangslager Furth im Wald und Wiesau nach Bayern.

662 Transporte blieben in Bayern, 450 wurden nach Hessen und in die amerikanisch besetzten Teile von Nordbaden und Nordwürttemberg weitergeleitet.

Im Jahr 1946 wurden durch das Grenzdurchgangslager Furth im Wald 651.648, durch das Grenzdurchgangslager Wiesau bei Tirschenreuth über 587.000 Heimatvertriebene geschleust.

In den ersten Wochen kamen täglich jeweils zwei Vertreibungstransporte, dann ab 1. Mai 1946 werktäglich jeweils drei Transporte über Taus-Furth im Wald und Eger-Wiesau in die Amerikanische Besatzungszone Deutschlands.

Die Inspektion der Transporte durch amerikanische Offiziere erfolgte in Taus und Eger. Die Züge trafen dort jeweils um 8, 10 und 12 Uhr ein.
Dies und weitere Einzelheiten hatten eine amerikanisch-tschechische Kommission am 8./9. Januar und im April 1946 vereinbart. Deutsche Stellen waren nicht beteiligt.
Die Texte der Vereinbarungen sind in der Dokumentation des Sudetendeutschen Archivs „ODSUN – Die Vertreibung der Sudetendeutschen“, 1995, Seiten 445 und 460, veröffentlicht.

Fast 1,3 Millionen Sudetendeutsche kamen aus ihrer angestammten Heimat über die Grenzdurchgangslager Furth im Wald und Wiesau in die US-Zone Deutschlands.

Nach der Ankunft im Grenzdurchgangslager wurden die Landsleute mittels einer Lautsprecheranlage begrüßt. Danach folgte die Entlausung mit DDT-Pulver, eine ärztliche Prüfung der Zuginsassen und die Verköstigung mit einer warmen Mahlzeit. Sie erhielten außerdem Verpflegung für die Fahrt, sofern der Bestimmungsort außerhalb Bayerns lag.

Nach wenigen Stunden Aufenthalt (zwei bis drei Stunden) fuhr der Zug mit deutscher Lokomotive und deutschem Personal weiter zum festgelegten Zielort.
Sofern der Zielort des Vertreibungstransports in Bayern lag, wurde der Transport "gedrittelt", d.h. je 400 Personen wurden auf die Regierungslager verteilt.

Im Grenzdurchgangslager Furth im Wald wurden damals über den ersten Vertreibungstransport folgende Daten vermerkt:

Freitag, 25. Januar 1946, Ankunft 10.30 Uhr, Abfahrt 16.20 Uhr, 1.197 Personen.

Ausgangsort Budweis, Zielort Würzburg.

In der „Sudetendeutschen Zeitung“ vom 11. Februar 2011, Seite 1, erschien ein ausführlicher Beitrag über den 65. Gedenktag der Ankunft dieses ersten „organisierten“ Transports.

In insgesamt 271 Transporten hat Österreich im Jahr 1946 über 224.425 Sudetendeutsche nach Deutschland abgeschoben. Die Grenzdurchgangslager waren Schalding bei Passau und Piding bei Freilassing / Bad Reichenhall.
142.000 Landsleute durften in Österreich bleiben.

Nach den „wilden Vertreibungen“ im Jahr 1945 in die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands folgte ab Juni 1946 der „geordnete und humane Transfer“ dorthin.
Vergleiche: Manfred Jahn, in der Dokumentation des Sudetendeutschen Archivs
„ODSUN – Die Vertreibung der Sudetendeutschen“, 1995, Seiten 213 ff. (Seite 235).

Laut Schätzungen gingen 700 Vertreibungstransporte mit Landsleuten in die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands.

Insgesamt wurden über 2.9 Millionen Sudetendeutsche aus ihrer Heimat vertrieben. 

Frankreich weigerte sich zunächst, Heimatvertriebene in seine Zone aufzunehmen, weil es an der Potsdamer Konferenz nicht teilgenommen hatte. Nur heimatvertriebene Sudetendeutsche aus Österreich fanden in der von Frankreich besetzten Zone Deutschlands Aufnahme.

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Über die „Wilden Vertreibungen“ im Jahr 1945 aus dem „böhmischen Teil“ des Schönhengstgaues wurden mehrere Erlebnisberichte veröffentlicht.

a)      „Schönhengster Heimat“:

Mai 1995, Seite 40

Körber

Juni 1995, Seite 43

Laubendorf

April 1997, Seite 38

Laubendorf

Mai 1997, Seite 5

Böhmisch Wiesen

Juli 1997, Seite 36

Deutsch Bielau

Oktober 1997, Seite 38

Deutsch Bielau

Oktober 2002, Seite 14

Kreis Landskron

Juli 2003, Seiten 39/40

Rothmühl

August 2003, Seiten 40/41

Rothmühl

Juni 2005, Seite 23

Lußdorf

Juli 2005, Seite 21

Lußdorf

August 2005, Seite 19

Lußdorf

September 2005, Seite 18

Lußdorf

Oktober 2005, Seite 20

Lußdorf

November 2005, Seite 21

Lußdorf

März 2006, Seiten 18/19

Lußdorf

April 2006, Seite 20

Lußdorf

Juli 2006, Seiten 49/50

Körber

 

 

b)       „Schönhengster Jahrbuch“: 

 

1996, Seiten 31 bis 36

Lußdorf

1997, Seiten 109 bis 113

Schönbrunn

1998, Seiten 137 bis 139

Schönbrunn

1998, Seiten 139 bis 142

Schönbrunn

  

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Odsun“ = Abschub/Abschiebung/Transfer oder „vyhnání“ = Vertreibung?

 

Die Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrer angestammten Heimat wird von der tschechischen Politik als „odsun“ (= Abschub/Abschiebung/Transfer) bezeichnet, die zutreffendere Bezeichnung ist aber „vyhnání (= Vertreibung).

 

Vergleiche auch 

http://wiki-de.genealogy.net/wiki/Sudetenland/Vertreibung_der_Sudetendeutschen_1945-1946

und

http://wiki-de.genealogy.net/wiki/B%C3%B6hmen/Vertreibung_aus_B%C3%B6hmen_1945-1946_%28Odsun%29

 

sowie meine Beiträge in dieser Homepage "Die Potsdamer Konferenz" und "60 Jahre Potsdamer Konferenz".

 

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Aufnahme und Eingliederung der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge

 

Der Anteil der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge an der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland betrug
·         bei der ersten Volkszählung am 13. September 1950 rund 16,5 Prozent,
·         bei der zweiten großen Volkszählung am 6. Juni 1961 rund 21,5 Prozent.

In mehreren Landkreisen in den früheren amerikanisch und britisch besetzten Zonen betrug der Anteil der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge an der Gesamtbevölkerung um oder weit über 30 Prozent, in der früheren französischen Besatzungszone dagegen meist unter oder nur etwas über 10 Prozent, lediglich in drei Landkreisen Südwürttembergs betrug der Anteil 13,2 bzw. 13,5 Prozent.

 

In der ehemaligen DDR war der Anteil der Heimatvertriebenen („Umsiedler“) an der Gesamtbevölkerung mit fast 25 Prozent deutlich höher als in der Bundesrepublik Deutschland. Eine überdurchschnittlich große Anzahl „Umsiedler“ mussten die Bezirke Rostock und Schwerin aufnehmen (teilweise über 50 Prozent der Gesamtbevölkerung).

 

Der französische Politikwissenschaftler und Deutschlandkenner Alfred Grosser hat die Integration der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge als die größte sozial- und wirtschaftspolitische Aufgabe bezeichnet, die von der Bundesrepublik Deutschland in den schwierigen Nachkriegsjahren gemeistert worden sei.

 

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Aufnahmeländer / Aufnahmestaaten der sudetendeutschen Heimatvertriebenen

Ergebnisse der Volkszählung vom 13. September 1950 und von Schätzungen:

Bayern 1.026.355    
Baden-Württemberg 322.681    
Ost-Berlin 2.000    
West-Berlin 5.800    
Brandenburg 48.000    
Bremen 2.289    
Hamburg 5.818    
Hessen 394.411    
Mecklenburg-Vorpommern 160.000    
Niedersachsen 57.790    
Nordrhein-Westfalen 74.607    
Rheinland-Pfalz 15.771    
Saarland   600    
Sachsen 127.000    
Sachsen-Anhalt 357.000    
Schleswig-Holstein 12.684

 

 

Thüringen 222.000

2.834.806

BRD   =   1.918.806 
           DDR   =     916.000            
                                 2.834.806                 
                =======

Burgenland 1.500    
Kärnten

3.000

   
Niederösterreich

25.600

   
Oberösterreich 29.100    
Salzburg 12.800    
Steiermark 11.500    
Tirol 4.300    
Vorarlberg 3.000    
Wien 51.200 142.000  
       
Australien rund 1.000    
Belgien, Frankreich, Niederlande rund 2.000    
Dänemark

rund    100

   
Großbritannien

3.000
bis 4.000

   
Italien

rund 3.000

   
Norwegen

rund      40

   
Republik Südafrika

rund 1.200

   
Schweden

rund 4.200

   
Schweiz

rund 2.000

   
USA, Kanada, Südamerika

rund    650

     18.190

 
Gesamt    2.994.996 =======

plus der Ende 1950 noch in der ČSR zurückgehaltenen über 165.000 Sudetendeutschen
= zusammen rund 3.160.000

 

Auch: „Das Sudetendeutschtum in Österreich“ und „Das Sudetendeutschtum im Ausland“ im „Jahrbuch der Sudetendeutschen 2013“, Seiten 38 bis 44,
sowie „Die Verteilung der Vertriebenen“ im „Jahrbuch der Sudetendeutschen 2013“, Seiten 52 bis 55.

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Außerordentliche Volksgerichte

Etwa 20.000 der Zurückgehaltenen waren von „Außerordentlichen Volksgerichten“ zu einer zeitlichen oder lebenslänglichen Freiheitsstrafe bzw. zum Tode verurteilt worden. An fast allen 456 zum Tode verurteilten Deutschen wurde zwischen 1945 und 1947 das Todesurteil durch Erhängen vollstreckt.

Zu diesen Zahlen vergleiche den Beitrag von Katerina Kocová, „Die Außerordentlichen Volksgerichte („MLS“) in den böhmischen Ländern 1945-1948“ unter folgender Internetseite:

http://209.85.135.104/search?q=cache:qnv0cwCHcqwJ:www.nachkriegsjustiz.at/service/archiv/Rb10a.pdf+CSR+Retribution+1945+
Todesurteile&hl=de&ct=clnk&cd=1&gl=de

 

In der „Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa IV – Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei, Band 1“

ist auf Seite 79 die Zahl der zum Tode verurteilten Deutschen mit 475 angegeben. 

 

Die im so genannten „Abgeordneten-Prozess“ angeklagten 16 früheren Abgeordneten und Senatoren der Sudetendeutschen Partei im Prager Parlament (Mandat bis Ende September 1938) sind auf Seite 78 der Dokumentation namentlich genannt. Sechs von ihnen wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet, acht wurden
zu Freiheitsstrafen von 3 Jahren bis zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Den früheren Mandatsträgern

war die Beteiligung an Bestrebungen, die Sudetengebiete von der CSR zu lösen, vorgeworfen worden.

Fünf weitere frühere sudetendeutsche Abgeordnete wurden in Sonderprozessen zum Tode oder zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.

 

In Böhmen und Mähren-Schlesien, d.h. auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik, gab

es 24 Außerordentliche Volksgerichte (§ 22 Absatz 4 des Dekrets Nr. 16 vom 19. Juni 1945). 

 

Die Mehrzahl der zu hohen Freiheitsstrafen verurteilten 443 Deutschen wurde nach 10-jähriger Haft im Jahr 1955 begnadigt. 


Auf meine Ausführungen über die schrecklichen Ereignisse unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Abschnitt „Potsdamer Konferenz“ weise ich hin.


Vergleiche auch das Buch von

Konrad Badenheuer „Die Sudetendeutschen – Eine Volksgruppe in Europa. Von den Anfängen bis zur Gegenwart“,

herausgegeben vom Sudetendeutschen Rat, München,

sowie die Broschüre 

„Umsiedlung, Flucht und Vertreibung der Deutschen als internationales Problem – Zur Geschichte eines europäischen Irrwegs“

herausgegeben vom Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart.

 

Eine Liste der im Jahr 1946 in Bayern angekommenen Vertreibungstransporte befindet sich

in dem Buch von Alfred Bohmann,
"Das Sudetendeutschtum in Zahlen", München 1959, Seiten 253 bis 272. 

 

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60 Jahre nach Flucht und Vertreibung - Unrecht bleibt Unrecht    (2005/2006)

Die tschechische katholische Kirche hat mit der Vertreibung von 3 Millionen

Sudetendeutschen in den Jahren 1945/46 schwere Schuld und Probleme auf sich geladen.

Lm Prof. Dr. Rudolf Grulich 1) in "Weltbild", Nr. 7, Seite 66, vom 17. März 1995:
"Ministerpräsident der tschechoslowakischen Exilregierung in London war der katholische Priester Professor Dr. Jan Šrámek.2) Er bereitetedie ethnische Säuberung des Sudetenlandes und die Enteignung von über 3 Millionen sudetendeutscher Katholiken zu einer Zeit vor, als Stalin noch nicht für die Vertreibung gewonnen war. ...." 3)

Lm Prof. Dr. Rudolf Grulich in Prag ("Schönhengster Heimat", Oktober 1993, Seiten 2/3):
" .... analisierte die Rolle der tschechischen katholischen Kirche bei der Vertreibung der Sudetendeutschen nach 1945, als der katholische Priester Monsignore Dr. Jan Šrámek als Minister in der damaligen Prager Regierung einer der Hauptantreiber der ethnischen Säuberung des Sudetenlandes war. ...."

Seit 1941 war auch Monsignore František Hála Minister in der Exilregierung und ab Mai 1945 als Postminister in der Regierung in Prag mitverantwortlich für die Beneš-Dekrete. 4)

Lm Prof. Dr. Rudolf Grulich in "Weltbild", Nr. 7, Seite 66, vom 17. März 1995:
" .... dass selbst der Prager Erzbischof Dr. Josef Beran (später Kardinal) 5)  im Jahr 1947 die Vertreibung und      Enteignung der Sudetendeutschen guthieß.
.... und dass der Seligsprechungsprozess für Kardinal Beran vorbereitet wird." 6)


Fußnoten:

1 Lm Prof. Dr. Rudolf Grulich (* 1944), seit 1988 wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Kirchengeschichte von Böhmen- Mähren-Schlesien (früher in Königstein/Taunus) hat Philosophie und katholische Theologie studiert und ist Honorarprofessor an der Universität Gießen.
Er stammt aus Runarz in der Deutsch-Brodeker Sprachinsel. Sie gehört zum Schönhengstgau (Nordmähren).
Sein Lebenslauf ist in der "Schönhengster Heimat", Mai 1994, Seite 23, veröffentlicht.

2 Monsignore Prof. Dr. Jan Šrámek (* 1870, + 1956), seit 1919 Vorsitzender der (christlichen) Volkspartei in der CSR, zwischen 1919 und 1938 mehrmals Minister und 1928 stellvertretender Ministerpräsident, von 1939 bis April 1945 Ministerpräsident der Exilregierung in London, danach einer der Stellvertreter des Ministerpräsidenten der CSR.
Nach dem "Februar-Umsturz" 1948 versuchte er im Flugzeug ins westliche Ausland zu fliehen. Während der Vorbereitungen zu dieser Flucht wurde er verhaftet und interniert. Er starb 1956 in Prag und wurde in seiner Heimat bei Olmütz beerdigt.
· "Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder", Karl Bosl, Band IV, Seiten 23, 64, 134, 311 und 328,
· Buch: "Tausend Jahre Bistum Prag, 973 bis 1973", Seite 339 (Lebenslauf),
· Buch: "ODSUN - Die Vertreibung der Sudetendeutschen", Veröffentlichung des Sudetendeutschen Archivs,  1995, Seite 172,
· Buch: Rudolf Grulich - Norbert Schlegel, 1993, "Kirche und Volksgruppenrecht", Seite 106, ferner Seiten 96 ff.,
· Buch: Rudolf Grulich - Adolf Hampel, 2000, "Mit den Beneš-Dekreten in die EU ?", Seiten 21 und 66/67.


3 Erst am 12. Mai 1943 erteilten US-Präsident Roosevelt und am 6. Juni 1943 der Diktator Josef Stalin ihre Zustimmung zu den Vertreibungsplänen von Exil-Präsident Beneš.
Am 12. Dezember 1943 schloss Exil-Präsident Beneš mit Moskau einen Vertrag, der die totale Enteignung der Sudetendeutschen und ihre Vertreibung aus der Heimat festschrieb.
· "Schönhengster Heimat", April 1995, Seite 3,
· Zeitschrift "PANEUROPA - Deutschland", Nr. 2/1995, Seite 9,
· Buch: "ODSUN - Die Vertreibung der Sudetendeutschen", Veröffentlichung des Sudetendeutschen Archivs, 1995, Seiten 79 und 482/483.


4 Die 10 verhängnisvollsten "Beneš-Dekrete" und das Amnestie-Gesetz in:
· "Schönhengster Heimat", Juni 1996, Seite 6,
· Buch: "ODSUN - Die Vertreibung der Sudetendeutschen", Veröffentlichung des Sudetendeutschen Archivs, 1995, Seiten 96 ff., 375 bis 442 sowie 463 und 467,
· Buch: Dieter Blumenwitz, "Die Beneš-Dekrete unter dem Gesichtspunkt des Völkerrechts" in "Forum für Kultur und Politik", Heft 6 /   Februar 1993, Seite 5.


5 Kardinal Dr. Josef Beran (* 1888, + 1969)
· Buch: "Tausend Jahre Bistum Prag, 973 bis 1973" (Lebenslauf),
· Buch: "ODSUN - Die Vertreibung der Sudetendeutschen", Veröffentlichung des Sudetendeutschen Archivs, 1995, Seite 486,
· Buch: Rudolf Grulich - Adolf Hampel, 2000, "Mit den Beneš-Dekreten in die EU ?", Seiten 59 bis 60.


6 Buch: Rudolf Grulich - Adolf Hampel, 2000, "Mit den Beneš-Dekreten in die EU ?", Seiten 59 bis 61.
Kardinal Dr. Josef Beran wurde von den kommunistischen Behörden 1949 interniert und 1965 freigelassen.
Er verbrachte danach seinen Lebensabend fern seiner Heimat Böhmen in Rom.


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Rückblende

Laut "Basler Nachrichten" vom 28. Dezember 1948 war es in der Tschechoslowakischen Republik (im kommunistischen Regime) verboten, seinen Mitmenschen öffentlich „Fröhliche Weihnachten“ zu wünschen.

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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