Geschichtliches

  • Der mythische Monarch Kaiser Franz Joseph I.
  • Ottendorfersche Freie Volksbibliothek
  • Denkmal „Die Mutterliebe“ in Zwittau
  • Die Stadt Zwittau / Svitavy und ihre Geschichte
  • Einmalig in der Vertriebenengeschichte: Aus Gablonz wurde Neugablonz
  • Austerlitz / Slavkov beging den 200. Jahrestag der Drei-Kaiser-Schlacht
  • Slawenapostel Kyrillos und Methodios
  • Erinnerung an Oskar Schindler
  • Ehrung auch für Frau Emilie Schindler
  • Staatsfeiertag in Tschechien zur Erinnerung an die „Samtene Revolution“
  • Die deutsche Universität in Prag (1882-1945)
  • 1806 – Das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
  • Der "Friedenskaiser" Karl IV., seine Nachfolger und die Reichskleinodien
  • Reichskleinodien - Gedenktafel in Nürnberg
  • Ausstellung „Die Goldene Bulle – 1356 bis 1806“ in Frankfurt / Main
  • Ausstellung: Doppelschau zum Heiligen Römischen Reich in Berlin und Magdeburg
  • 1815 –  Deutscher Bund gegründet
  • Vor 700 Jahren starb der letzte Přemyslide König Vaclav III.
  • Geschichte der Krönungen auf der Prager Burg
  • Krönungen der böhmischen Herrscher auf der Prager Burg (II)
  • Peter Parler, der Baumeister des 14. Jahrhunderts
  • Die Geschichte des deutschen Fußballs in Böhmen und Mähren-Schlesien
  • Kriegspilot, Bürger zweiter Klasse, gefeierter Nationalheld in einer Person
  • Aus der Tschechischen Geschichte nach dem Jahr 1945
  • Tag der deutschen Einheit in Liberec / Reichenberg 
  • Ausstellung zu Wallenstein in Prag eröffnet
  • Konzentrationslager Theresienstadt in Böhmen           

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Deutschsprachige Auslandssendung von Radio Prag vom 18. August 2005:
Der mythische Monarch Kaiser Franz Joseph I. wurde vor 175 Jahren geboren

Die Geburt eines jungen Erzherzogs konnte der Wiener Hof am 18. August 1830 feiern: Vor genau 175 Jahren kam Franz Joseph Karl von Habsburg zur Welt, besser bekannt als Kaiser Franz Joseph I. Thomas Kirschner erinnert an den Monarchen und die Zeit, als Böhmen noch bei Österreich war.

"Ich begleite das Wirken des österreichischen Militärwitwen und -waisenfonds mit meinen herzlichsten Wünschen. Möge seinen edlen Bestrebungen voller Erfolg beschieden werden."

Seinen Gruß an den Militärwitwenfonds richtete hier Kaiser Franz Joseph I. persönlich. Die Aufnahme aus dem Jahre 1888 ist das älteste Dokument im Tonarchiv des Tschechischen Rundfunks. Gewiss nur eine Randnotiz, aber auch das ein Zeichen dafür, wie eng Franz Joseph auch mit der tschechischen Geschichte verbunden ist. 68 Jahre lang, von 1848 bis zu seinem Tod 1916, regierte Franz Joseph als Kaiser von Österreich auch die böhmischen Länder. Für die Tschechen eine entscheidende Periode ihrer Geschichte, meint der Brünner Historiker Jiri Pernes:

Die tschechische Gesellschaft ist unter der Regierung Franz Joseph I. erwachsen geworden. Als er im Jahre 1848 den Kaiserthron bestieg, ist die tschechische Gesellschaft erst ins politische Leben eingetreten; sie war noch unreif und musste erst ihren Weg suchen. Und zum Ende seines Lebens, zwei Jahre nach seinem Tod, haben die Tschechen die Habsburgermonarchie bereits nicht mehr gebraucht und konnten ihren eigenen tschechoslowakischen Staat ausrufen. Die Regierungszeit Franz Josephs sehe ich daher als so eine Art freundlichen Brutkasten für die tschechische Demokratie."  

In der Beziehung zu Franz Joseph spiegelt sich damit auch die Entwicklung der tschechischen Nation, erläutert der Brünner Historiker Jiri Pernes.

"Ich möchte hier nur einen Kontrast anführen: Im Jahre 1866, nach dem deutsch-österreichischen Krieg und der Schlacht bei Königgrätz, reiste Franz Joseph I. durch Mähren und Böhmen bis nach Prag. Und obwohl er den Krieg verloren hatte, wurde er überall wie der Sieger empfangen - als gütiger Herrscher, der seinen leidenden Völkern zur Hilfe kommt. Und 50 Jahre später, 1916, haben die gleichen Leute in den Reihen der Tschechen und Slowaken für die Loslösung von der österreichischen Monarchie gekämpft."

Der greise Monarch selbst aber war zum Ende seiner 68-jährigen Regierungszeit bereits in Mythische entrückt; die Personifizierung einer vergangenen Zeit, die ein wenig auch die gute alte war. Und so hängen heute in tschechischen Bierstuben wieder die fliegendreckbeschmutzen Kaiserbilder, die Jaroslav Hasek schon in seinem "Schwejk" beschrieben hat. Was Franz Joseph selbst dazu sagen würde? Vermutlich das, was er immer gesagt hat:

"Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut." 

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Ottendorfersche Freie Volksbibliothek,

 

etwa ab dem Jahr 1936
lautete die Bezeichnung

„Ottendorfersche Stadtbücherei  Zwittau“,

im Volksmund „Lesehalle“.  

 

                 

 

 

 

Gedenktafel in der „Lesehalle“ zur Erinnerung an  den großherzigen Wohltäter seiner Vaterstadt Zwittau
Oswald Ottendorfer

* 12.02.1826 in Zwittau
+ 15.12.1800 in New York/USA

Der untere Teil der Gedenktafel enthält folgenden Text:
„Dieses Haus wurde erbaut 1891 – 1892 unter dem Bürgermeister Friedrich Sander
durch den Architecten u. k. k. Professor aus Brünn Germano Wanderlev“

 

Vergleiche die Beiträge
„Vor 100 Jahren wurde Ottendorfers Freie Volksbibliothek in Zwittau gegründet“, in der „Schönhengster Heimat“, September 1992, Seiten 1/2, und Dezember 1992, Seite 31.

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Denkmal „Die Mutterliebe“ in Zwittau

Der großherzige Wohltäter seiner Vaterstadt Zwittau, Oswald Ottendorfer (* 12.02.1826 in Zwittau, + 15.12.1900 in New York), schenkte das Denkmal „Die Mutterliebe“ im Jahr 1892 der Stadt Zwittau als Andenken an seine Mutter Katharina. Es stammt von dem Bildhauer Prof. Adolf Donndorf aus Stuttgart.

Die Bronzestatue zeigt eine Mutter, die auf dem rechten Arm ihr Töchterchen und an der linken Hand ihr Söhnchen mit einem Wasserkrug hält.

Der aus schwedischem Granit geschliffene Brunnen, überragt von der Statuengruppe, steht jetzt im ehemaligen „Langer-Park“. Die deutsche Inschrift „Zum Andenken an meine liebe Mutter“ wurde nach 1945 aus dem Denkmal herausgemeißelt, im Jahr 1993 eine Tafel mit dem deutschen Text angebracht.

Vergleiche „Schönhengster Heimat“,  Juli 1993, Seite 34.

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Homepage der Stadt Svitavy www.svitavy.cz

Die Stadt Zwittau / Svitavy und ihre Geschichte

Dicht an der Grenze zu Ostböhmen, in sanft welliger Landschaft des Zwittauer Hügellandes liegt eine Stadt, die zu den ältesten in ihrem Land gehört. Die mittelalterlichen Ansiedler gründeten einst an der Furt eines kleinen Flusses ein kleines Dorf, das sich während der Jahrhunderte vielförmig ausbreitete - von einer mittelalterlichen Stadt bis zum kulturwirtschaftlichen Zentrum des Bezirks.

Svitavy / Zwittau  - eine Stadt, in der zur Zeit etwa 18 tausend Einwohner leben, begann ihre Chronik im 12. Jahrhundert zu schreiben. Die Prämonstratenser aus Litomyšl [Leitomischl] legten um die Hälfte dieses Jahrhunderts in der unmittelbaren Nähe der kaufmännischen Wege eine Siedlung mit einer Kirche an. Die Ansiedlung bekam ihren Namen nach dem Fluss Svitava, die Kirche wurde dem heiligen Ägidius geweiht und das Gebiet in die Leitomischler Klosterherrschaft eingegliedert. In der Hälfte des 13. Jahrhunderts kamen deutsche Kolonisten in die Zwittauer Wälder, die der Olmützer Bischof Bruno von Schauenburg gerufen hatte. Das Olmützer Bistum erhob Anspruch auf die Siedlung Svitava mit ihrer Umgebung. Der entstandene Streit wurde erst im Jahre 1256 geschlichtet, als die Grenze zwischen beiden Gegnern festgelegt wurde und die kleine Stadt Svitavy ( Zwittau ) den Olmützer Bischöfen zu unterliegen begann. Gemeinsam mit der deutschen Siedlung entstand auch die der Jungfau Maria eingeweihte Kirche und die ursprüngliche Siedlung Svitava verlor langsam an Bedeutung und beide Siedlungen wuchsen zusammen. Die Stadt entwickelte und bevölkerte sich. Dazu verhalfen verschiedene bischöfliche und königliche Privilegien. Es wurden Schultheißenrechte, Jahrmärkte, Heimfallrecht und andere Bürgervorrechte bestätigt und bewilligt. Während der Hussitenkriege im 15. Jahrhundert war die Stadt mehrmals belagert, aber hinter den festen Stadtmauern fand sogar das Bischofsdomkapitel aus Litomyšl vorübergehend Asyl. Die durch die Hussitenkriege verursachte Krise ist erst im Jahre 1484 abgeklungen, als die Stadt Svitavy wieder Besitz der Olmützer Bischöfe wurde und unter die Mürauer ( Mírov ) Herrschaft kam. Die Stadt stieg also in das Renaissancejahrhundert gestärkt und konsolidiert ein. Über den Aufschwung benachrichtigen uns einige Quellen, deren Originale zwar nicht erhalten geblieben sind, aber wir finden viele spätere Abschriften im Stadtarchiv. Schon im Jahre 1512 wird die Zunftwirtschaftsführung der Schmiede erwähnt. Weitere belegbare Zünfte waren Schuster, Weber, Kürschner und Töpfer, die ihre Gewerbe in der Stadt betrieben. Die bildeten einen wesentlichen Bestandteil des 16. Jahrhunderts, also der Periode ,,des goldenen Zeitalters'' der Stadt Svitavy. Der Stadtrat kaufte im Jahre 1538 ein Haus am Stadtplatz, in dem das Rathaus errichtet wurde. In einem langjährigen Streit mit dem Schultheißen um die führende Stellung beim Entscheiden gewann zuletzt der Gedanke einer selbständigen Verwaltung und das Schultheißenrecht wurde vom Rat im Jahre 1599 abgekauft und die Stadt schritt in das neue Jahrhundert als eine wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Institution ein, wenn auch formal vom Olmützer Bistum abhängig.

Der Dreißigjährige Krieg brachte eine morale und ökonomische Verelendung des ganzen Landes mit sich und trug in die Länder der Böhmischen Krone nicht nur die aktuelle Drohung der kaiserlichen oder protestantischen Heere hinein, sondern auch die drohende Gefahr der verheerenden Pest- und Choleraepidemien. Nach einer drastischen Bevölkerungsabnahme und einer Menge ausgeplünderter Güter musste man an die Wiedergeburt der Stadt herantreten. Es wurden neue Zunftvorschriften herausgegeben, es wurde gebaut, hergestellt und verkauft. Die Stadt erhob sich wieder aus der Asche und blühte auf. Dabei halfen auch die Reformen der absolutischen Herrscher. Es wurde eine neue Kirche mit einem Spital gebaut, es entstanden wichtige Straßenverbindungen, wo Fuhrwerke mit Garn, Tuch, Stoffen und anderen für die Textilproduktion wichtigen Rohmaterialien täglich durchfuhren. Die Stadt Svitavy zeigte sich in dieser Zeit konkurrenzfähig in der Textilproduktion und so steuerte alles auf die Stärkung dieses Industrieelementes und in den nächsten Jahrhunderten sprach man über die Stadt als über die Tuchstütze der Monarchie.

Alles war mit der Textilproduktion verbunden, und darum konnten die Bewohner in einem ziemlich guten Standard leben. Aber wiederholte ökonomische Rezessionen waren auch in der Stadt Svitavy unvermeidlich und so kam es oft zu Unruhen und Streiks, was aber nichts Ungewohntes war. Die Textilproduktion bot der Stadt genügende Mittel zum Aufschwung an, die Erträge mussten jedoch im Jahre 1781 anders genutzt werden. Aus einer kleinen unauffälligen Flamme brach ein zerstörendes Feuer aus, dem fast die ganze Stadt zum Opfer fiel. 259 Häuser und 35 Scheunen wurden zerstört, das Rathaus, die Kirche, die Bierbrauerei und fast der ganze Stadtplatz auch mit der Vorstadt wurden beschädigt. Sofort wurde aber mit dem Wiederaufbau begonnen.

Die napoleonischen Kriege und die damit verbundenen Epidemien bedeuteten Anfang des 19.Jahrhunderts für die Stadt eine weitere Katastrophe. Die Revolution 1848 brachte der Stadt die Befreiung von der Olmützer Herrschaft und die Gründung der Bezirkshauptmannschaft in der Stadt Moravská Tøebová ( Mährisch Trübau ). Die Stadt Svitavy erreichte die Steuerkompetenz und die Gerichtsbarkeit. In der Stadt lebten jetzt 4 431 Menschen und die Einwohnerzahl nahm ständig zu. Sogar der preußisch-österreichische Krieg im Jahre 1866 verhinderte nicht den Anstieg der Einwohner.

Selbst der preußische König Wilhelm mit der damaligen politischen Elite verhandelte in der Stadt Svitavy mit der österreichischen Seite über den Waffenstillstand. Die Jahrhundertwende ist charakteristisch für eine uneigennützige Förderung von der Seite der reichen Zwittauer Unternehmer, aus deren Spenden nötige Institutionen entstanden: das Waisen- und Armenhaus, das Krankenhaus, Schulen und gemeinnützige Einrichtungen. Ein Kleinod der Stadt wurde die Bibliothek, die der Zwittauer Landsmann Valentin Oswald Ottendorfer erbauen ließ, der zu den anerkannten Politikern in New York gehörte. Dank seinen finanziellen Mitteln und in seiner Anwesenheit wurde die Bibliothek mit Lesesaal eröffnet. In ihren Depositorien verbarg sie 22-tausend Bände und gehörte so zu den größten deutschen Bibliotheken in den Böhmischen Ländern. Die Epoche am Anfang des 20. Jahrhunderts ist im Zeichen der Nationalitätskonflikte, die im zweisprachigen Zwittau guten Boden finden. Trotz bestimmten zentrifugalen Tendenzen der deutschen Politiker, die eine Autonomie im Rahmen der zerfallenden Monarchie und der entstehenden Volksrepublik forderten, wurde die Stadt Zwittau in die Tschechoslowakische Republik eingegliedert und wurde ein unteilbarer Bestandteil des neu entstandenen Staates. Der Antritt des Nazismus vollendete das Bestreben der deutschsprachigen Bewohner sich dem Dritten Reich anzuschließen, aber nach dem verlorenen Krieg kam es zum logischen Ausgang aller Nationalitätskonflikte. Die Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der Republik brachte zwar Probleme, die Stadt stellte sich jedoch mit der Immigrationspolitik entgegen. Und so kamen nach Svitavy Leute aus allen Ecken der Nachkriegsrepublik und das trug auch eine Reihe von Folgeproblemen mit. Es führte zur ökonomischen Stagnation, deren Folgen bis heute beseitigt werden.

Die wichtigsten Daten in der Stadtgeschichte 

Hälfte des 12. Jh. - es wurde die St. Ägidius - Kirche gebaut, in der Ansiedlung Svitava ( die heutige Friedhofskirche )
1256 - Urkunde, in der man zum ersten Mal über die dem Bischof hörige Stadt Zwittau und über die Ansiedlung Svitava spricht
1389 - die Stadt wird verschanzt
1421 - Niederlassung des Domkapitels des Leitomischler Bischofs
1424 - die Stadt wurde offensichtlich von Hussiten ausgeplündert
1515 - Gründung der Stadtbücher
1538 - Errichtung des Rathauses
1892 - Eröffnung der Ottendorferschen Bibliothek
1938 - Zwittau gehört zum Dritten Reich
1945 - 46 - Aussiedlung der deutschen Stadtbevölkerung  

Entnommen von der Homepage der Stadt Svitavy www.svitavy.cz 

Anmerkungen:

Bischof Bruno von Schauenburg (Bischof des Bistums Olmütz von 1245 bis 1281) bemerkt in seinem Testament von 1267, dass er um Zwittau locationes et extirpationes durchgeführt hat.

Aus: „Mitteilungen zur Volks- und Heimatkunde des Schönhengster Landes“, 1937, Seite 7. 

1256 bestand bereits die bischöfliche Stadt Zwittau. Das älteste Dokument über die Besiedlung stammt vom 6. November 1256.

Im Jahr 2006 beging die Stadt Svitavy die 750-Jahr-Feier.

 

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Deutschsprachige Auslandssendung von Radio Prag vom 08.10.2005  

"Einmalig in der Vertriebenengeschichte" - aus Gablonz wurde Neugablonz von Sebastian Kraft 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der damit verbundenen Vertreibung der Sudetendeutschen aus den böhmischen Ländern schossen vor allem in Bayern die so genannten Vertriebenenstädte wie Pilze aus dem Boden. Eine dieser Neuansiedlungen im Voralpenland hat eine ganz besondere Geschichte, die Ihnen nun Sebastian Kraft vorstellen wird.  

Jablonec nad Nisou / Gablonz an der Neiße gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zu den blühenden Städten Nordböhmens. Die damals zu mehr als 90% von Sudetendeutschen bewohnte Stadt im malerischen Isergebirge war durch ihre Schmuck- und Glasindustrie weltbekannt. Diese so genannte "Gablonzer Bijouterie" galt auch als der Hauptmotor des wirtschaftlichen Aufschwungs, den Gablonz zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte. Dabei war es für die deutschsprachige Bevölkerung nie ein politisches Problem, dass die Stadt nahe des deutsch-tschechisch-polnischen Dreiländerecks bis 1918 zu Österreich-Ungarn und dann bis 1938 zur Ersten Tschechoslowakischen Republik gehörte. Den großen Knackpunkt für die böhmischen Länder deutscher Sprache und damit auch für Gablonz an der Neiße stellte das Jahr 1938 dar, in dem auf der Münchner Konferenz die sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich angegliedert wurden, was für Hitler förmlich der Startschuss zur "Zerschlagung der Resttschechoslowakei" war. Nach dem Kriegsende 1945 waren die viel diskutierten "Benes-Dekrete" für die tschechische Seite eine Legitimation zur Vertreibung der deutschstämmigen Bevölkerung aus Böhmen. Betroffen davon war nahezu auch die ganze Bevölkerung von Gablonz an der Neiße. Soweit die Chronologie der Ereignisse, die auch den meisten von Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, aus dem Geschichtsunterricht bekannt sein dürfte. Die eigentliche Besonderheit ereignete sich erst nach der Vertreibung: Während sich in allen anderen Städten die Flüchtlinge in allen Windrichtungen des zerstörten Deutschlands verstreuten, kamen viele Leute aus Gablonz wieder zusammen. Es sprach sich unter den Vertriebenen wie ein Lauffeuer herum, dass in der Nähe von Kaufbeuren auf Betreiben der bayerischen Staatsregierung die berühmte Glas- und Schmuckindustrie in einer Vertriebenensiedlung eine neue Heimat finden sollte, die später den Namen Neugablonz bekam. Elisabeth Vitze, 85 Jahre und folglich im Alter von 25 Jahren aus Gablonz vertrieben, wohnt heute in Neugablonz und ist Zeitzeugin dieser Ereignisse:

"Das besondere ist hier in Neugablonz, dass sich der größte Teil der Bevölkerung von Alt-Gablonz und Umgebung zusammengefunden hat, es sind auch andere Flüchtlinge zu uns gestoßen, z.B. viele Schlesier. Somit sind wir in Deutschland die größte Flüchtlingssiedlung."

Der heutige tschechische (Alt-) Gablonzer Dekan Antonin Bratrsovsky, der sich ebenso wie Elisabeth Vitze seit Jahren für eine Aussöhnung zwischen Deutschen und Tschechen einsetzt und einen regen Kontakt mit Neugablonz pflegt, fügt hinzu:

"Ich denke, es gibt dort noch lebendige Wurzeln der Vertreibung, denn die Entstehung von Neugablonz ist etwas Einzigartiges in der Vertriebenengeschichte. Die Sudetendeutschen, die Gablonz nach dem zweiten Weltkrieg verlassen mussten, konnten in Deutschland eine neue Existenz in Anlehnung an ihre alte Heimat aufbauen."

Viele heimatlos gewordene Gablonzer strömten also zum Ende der vierziger und im Laufe der fünfziger Jahre ins Voralpenland, wo in der Nähe von Kaufbeuren eine neue Stadt im Entstehen war. Die armseligen Baracken einer ehemaligen Munitionsfabrik, in denen die Vertriebenen zuerst hausten, zogen anfangs nur wenige an, doch da die Schmuck- und Glasindustrie erneut für einen rasanten Wirtschaftsaufschwung sorgte, wuchs die Vertriebenensiedlung in den fünfziger Jahren beständig an. Auch Elisabeth Vitze siedelte sich mit ihrem Mann schließlich in Neugablonz an. An die ersten Erlebnisse in der neuen Heimat erinnert sie sich noch sehr gut:

"Als ich 1958 von Württemberg nach Gablonz zog, weil wir dort ein Haus gebaut hatten, da war es das schönste, dass man auf der Straße oder im Laden überall hörte: Bist du nicht die, ach ja, richtig. Grüß Gott. Willkommen. Man hat sehr viele bekannte Gesichter getroffen und fühlte sich sofort wie zu Hause. Die Menschen bilden sich ja schnell wieder eine Heimat, wenn sonst nichts übrig geblieben ist."

 

 

 

Das Wirtschaftswunder konnte bei vielen Vertriebenen zwar die Wunden über den Verlust der alten Heimat nicht heilen, doch der schnell erlangte Reichtum dank der florierenden Glasindustrie war für viele wenigstens ein kleiner

 

 

"Ein langer Weg bis Neugablonz, das heißt auch ein langer Weg bis zur Bezeichnung des Namens Neugablonz. Aus Prag wurde interveniert, dass man den Stadtteil Neugablonz nennen sollte. Insgesamt hat diese Umbenennung sechs zermürbende Jahre gedauert. Damals war Georg Volkardt Bürgermeister von Kaufbeuren und stellte Anfang 1947 den Antrag, unseren Stadtteil Kaufbeuren-Hart zu nennen. Damit waren die Gablonzer natürlich nicht zufrieden. Im August 1949 hat der Siedlerausschuss aus Kaufbeuren den Stadtrat erneut um eine Umbenennung gebeten. Aufgrund dieses neuerlichen Antrags kam es dann am 20. Mai 1952 zu einer denkwürdigen Stadtratssitzung, in welcher die Versammelten geschlossen für die Umbenennung von Kaufbeuren-Hart in Kaufbeuren-Neugablonz stimmten. Im Namen alteingesessener Stadtratsmitglieder wurde eine Erklärung verlesen, dass die Umbenennung nur aus wirtschaftlichen Gründen erfolge und keine anderen Absichten damit verbunden sein. Am 8. August 1952 signalisierte schließlich auch das bayerische Innenministerium grünes Licht für den neuen Namen."


Doch nicht nur der Name erinnert heute an die alte Heimat im Isergebirge. Die Herz-Jesu Kirche in Neugablonz wurde analog zu der Herz-Jesu Kirche im heute tschechischen Gablonz gebaut, dazu kaufte die Stadt Kaufbeuren dem tschechoslowakischen Staat einige Denkmäler ab, wie z.B. den Rüdiger-Brunnen, und stellte sie in Neugablonz wieder auf. Vertriebenenmahnmäler und ein Isergebirgsmuseum ergänzen das Stadtbild, in dem auch dem Briefträger tagtäglich die besondere Geschichte der ehemaligen Vertriebensiedlung vor Augen geführt wird: Die Straßen wurden nämlich nach den Stadtteilen von Alt-Gablonz und den umliegenden Bergdörfern benannt. Für Elisabeth Vitze schließt sich hier der Kreis:


"Natürlich wollte man möglichst viel mit herüberbringen, das an die alte Heimat erinnert. Da liegt es auf der Hand, dass die Vertriebenen die Straßennamen so gewählt haben."


Was vielleicht auf den ersten Blick wie ein kleines Happy-End einer leidvollen Geschichte klingt, trügt jedoch. Der Alt-Gablonzer Dekan Antonin Bratrsovsky stößt bei seiner Versöhnungsarbeit zwar überwiegend auf ein positives Echo, wenn er für Vertriebene, die der alten Heimat einen Besuch abstatten, die Tore seiner Pfarrei und der Herz-Jesu Kirche öffnet. In der Entstehung von Neugablonz sieht er aber trotz aller positiven Seiten auch einen gravierenden Nachteil:

"Die Tatsache, dass so viele Vertriebene aus einer Stadt wieder zusammengefunden haben, hat auch eine Kehrseite der Medaille: Natürlich half Ihnen diese Gemeinschaft beim Aufbau einer neuen Existenz in Bayern, aber die Verbitterung über die Vertreibung und die damit verbundene Ablehnung einer Versöhnung mit uns Tschechen ist nach meinen Erfahrungen dort viel mehr ausgeprägt als irgendwo anders in Deutschland, wo Vertriebene verstreut leben."

Schon seit über zehn Jahren besuche ich die Tschechischkurse der Ackermanngemeinde, damit ich mich besser in der alten Heimat verständigen kann."

Die heute 85-jährige ist überzeugt davon, dass die bestehende Partnerschaft zwischen Neugablonz und dem tschechischen Gablonz in eine rosige Zukunft blickt:

"Ich denke, dass das ein Generationenproblem ist. Das wird sich ganz von alleine lösen, wenn die älteren Bewohner von Neugablonz gestorben sind. Denn viele von Ihnen können einfach nicht vergeben. Es gibt sehr wenige hier, die so denken wie ich. Ich habe in dieser Sache ganz andere Ansichten, ich wünsche mir, dass wir mit der jungen Bevölkerung in Alt-Gablonz einen guten Kontakt aufbauen."

Neugablonz hat etwa 18 000 Einwohner und trägt heute übrigens immer noch das Image als Anlaufpunkt für Heimatlose, wenn auch mit einem ganz anderen Hintergrund: In den letzten Jahren hat sich der Stadtteil von Kaufbeuren zu einem - nicht immer konfliktfreien - Zentrum für russische Spätaussiedler entwickelt. Die berühmte "Gablonzer Bijouterie" fiel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts allerdings weitgehend der Billigkonkurrenz aus Asien zum Opfer.

 

Trost. Einen letzten Kampf hatten die Neugablonzer allerdings noch auszufechten - die Umbenennung ihres Stadtteils, der ursprünglich Kaufbeuren-Hart hieß. Elisabeth Vitze beschreibt diese Entwicklung aus ihren Erinnerungen:

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Kleinstadt Austerlitz / Slavkov beging den 200. Jahrestag der Drei-Kaiser-Schlacht

Mehr als 30.000 Zuschauer kamen zur historischen Nachstellung der Drei-Kaiser-Schlacht von 1805 ins südmährische Austerlitz / Slavkov, etwa 20 km östlich von Brünn.

Unter den Zuschauern befanden sich auch die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie, der tschechische Außenminister Cyril Svoboda, mehrere französische Generäle und tschechische Politiker sowie Vertreter der niederländischen Partnerstadt Austerlitz, nunmehr ein Ortsteil der Stadt Zeist.

Rund 4.000 Mitglieder militärhistorischer Vereine in zeitgenössischen Uniformen aus 23 Ländern hatten die damalige Schlacht nachgestellt, die an den 200. Jahrestag eines der entscheidenden Siege Napoleons I. erinnerte.

In der Drei-Kaiser-Schlacht hatten die napoleonischen Truppen am 2. Dezember 1805 die österreichisch-russischen Koalitionstruppen von Kaiser Franz II. von Österreich und Zar Alexander I. von Russland trotz ihrer Übermacht vernichtend geschlagen.
Dem Waffenstillstandsabkommen vom 6. Dezember, unterzeichnet im Schloss von Austerlitz, folgte der Friede von Preßburg vom 26. Dezember 1805.

In der bis dahin größten Schlacht der Geschichte starben 20.000 Soldaten, mehrere Historiker sprechen sogar von fast 30.000 Toten.

Auf dem damaligen Schlachtfeld bei dem Ort Tvarozna (etwa 12 km südöstlich von Brünn) steht heute ein 26 Meter hohes „Friedensdenkmal", in dessen Gruft die Gebeine der gefallenen Soldaten ruhen.

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Slawenapostel Kyrillos und Methodios 

Am 5. Juli jeden Jahres wird in der Tschechischen Republik der Nationalfeiertag der Slawenapostel Kyrillos und Methodios (auch Cyrill und Method oder Cyrillus und Methodius) begangen.

Kyrillos, * 826/827 in Thessalonike (Griechenland), + 14.2.869 in Rom, predigte zusammen mit seinem Bruder Methodios von 863 bis 868 das Evangelium in Mähren.

Methodios, * um 815 ebenfalls im griechischen Thessalonike, + 6.4.885 wahrscheinlich in Welehrad/Velehrad bei Ungarisch Hradisch/Mähren, war seit 869 Erzbischof und päpstlicher Legat von Mähren und Pannonien. Die römische Provinz Pannonien umfasste etwa das östliche Österreich, die Steiermark, Krain und Nordwestungarn.

Die Brüder Kyrillos und Methodios führten die slawische Sprache im Gottesdienst ein. Sie wurden heilig gesprochen. Papst Johannes Paul II. erklärte sie 1980 zu Aposteln Europas. 

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Denkmal für Slawenapostel Cyrill und Method im südmährischen Strachotín / Tracht

(Der Ort Strachotín / Tracht liegt etwa 6 km nördlich von Nikolsburg an der Grenze zu Niederösterreich)

Die südmährische Gemeinde Strachotín / Tracht möchte noch 2013 ein Denkmal für die Slawenapostel und mährischen Landespatrone Cyrill und Method errichten. Dies teilte die stellvertretende Bürgermeisterin Lucie Danihelová mit. Die Gemeinde will die 2,30 Meter hohe Sandsteinstatue aus Spenden finanzieren. Um das Denkmal herum würden Steine platziert, die aus bedeutenden Orten des einstigen Großmährischen Reichs stammen, so Danihelová.

In diesem Jahr feiert Tschechien den 1150. Jahrestag der Ankunft der beiden Slawenapostel im Großmährischen Reich. Deswegen sei es ideal, das Denkmal in diesem Jahr zu enthüllen, so die Kommunalpolitikerin.

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Erinnerung an Oskar Schindler,     * 28.04.1908, + 09.10.1974

Vor über 30 Jahren, am 9. Oktober 1974, starb in Hildesheim Oskar Schindler, ein Sohn der Stadt Zwittau. Ein Abriss seines Lebens ist im Internet unter www.stadtarchiv-hildesheim.de/publikationen zu finden.


Vergleiche auch „Schönhengster Jahrbücher 2000 und 2001“, Seite 184 bzw. Seiten 142 ff.

und die außergewöhnlich interessante Artikelserie in der Zeitschrift „DIE WELT“, beginnend am 15.01.2000.

Im Internet abrufbar unter

www.welt.de/data/2000/01/15/547460.html

www.welt.de/data/2000/01/15/547460.html?s=2

www.welt.de/data/2000/01/15/547460.html?s=3

www.welt.de/data/2000/01/15/547460.html?s=4

www.welt.de/data/2000/01/15/547460.html?s=5  

Rückblick:

Am 9. März 1994 enthüllten der Oberrabbiner Karel Sydon aus Prag zusammen mit dem Bürgermeister von Svitavy / Zwittau, Mgr. Jiří Brýdl, im Park neben der „Langer-Villa“, dem neuen Rathaus, einen Gedenkstein für Oskar Schindler.

Der amerikanische und der deutsche Botschafter in Prag sowie eine große Anzahl internationaler Medienvertreter nahmen an der schlichten Feier teil. Anwesend waren auch tschechische Bürger und Landsleute aus Deutschland.

Die damals von der tschechischen Bevölkerung Svitavys gehegte Befürchtung, dass künftig noch mehr „Heimweh-Touristen“ kommen werden, war sicher grundlos.

Ein ausführlicher und lesenswerter Bericht über die Feier bei der Enthüllung des Gedenksteins erschien in der Zeitschrift „DIE ZEIT“ am 25. März 1994 auf den Seiten 77 und 85. 

Vergleiche auch

  • den Beitrag „Schindlers Liste“ in der „Schönhengster Heimat“,  August 1993, Seite 3, und
  • die beiden Beiträge „Gedenken“ und „Gedenktafel für Oskar Schindler“, August 1993, Seiten 2/3, 
  • den Beitrag mit der Abbildung der Gedenktafel in der „Schönhengster Heimat“, April 1994, Seite 2, und
  • den Hinweis auf die Witwe Schindler, März 1994, Seite 7, sowie
  • die ausführliche Würdigung Oskar Schindlers in der „Schönhengster Heimat“, Juni 1995, Seiten 4/5 und August 1998, Seiten 1 bis 3.

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Ehrung auch für Frau Emilie Schindler                    22.10.07

Das Ehepaar Oskar und Emilie Schindler lebte nach ihrer Flucht aus Brünnlitz zuerst in Konstanz und von November 1945 bis Mai 1950 in Regensburg, bevor es nach Argentinien auswanderte.

Nach Abschluss der Renovierung des früheren Wohnhauses in der Regensburger Altstadt wurde mit einer Gedenktafel die Unterstützung durch Emilie Schindler bei der Rettung von mindestens 1.200 Juden  gewürdigt.

Sie starb 2001 und wäre am 22. Oktober 2007 einhundert Jahre alt geworden.

Mit dem Film „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg wurde das Wirken des Ehepaares Schindler weltweit bekannt.

Der Spielfilm wurde mit sieben Oscars ausgezeichnet.

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Frau Emilie Schindler, geborene Pelzl, wurde am 22. Oktober 1907 in Alt-Moletein, Kreis Hohenstadt, im Schönhengstgau, geboren. Ihre Ehe mit Oskar Schindler blieb kinderlos.

Nach über 50 Jahren in Argentinien kam sie 2001 wieder nach Deutschland zurück.

Sie starb während ihres dritten Europa-Aufenthalts am 5. Oktober 2001 in einem Klinikum in Strausberg bei Berlin. Am 19. Oktober 2001 wurde sie, ihrem Wunsch entsprechend, in der von Heimatvertriebenen neu gegründeten Stadt Waldkraiburg in Oberbayern beerdigt.

Anlässlich ihres hundertsten Geburtstages am 22. Oktober 2007 wurde dort in einem Ökumenischen Gottesdienst und einem Festakt mit einer sehr großen Anzahl von Ehrengästen der vor sechs Jahren Verstorbenen gedacht.

Nach der Uraufführung des Spielfilms „Schindlers Liste“ im März 1994 wurde Frau Schindler vom US-Präsidenten Bill Clinton und seiner Ehefrau Hillary in Washington empfangen.

Am 5. Mai 1994 verlieh ihr der Bundespräsident Richard von Weizsäcker das Bundesverdienstkreuz am Bande. Später empfing sie Bundespräsident Roman Herzog.  

Im März 1995 wurde sie in Rom von Papst Johanns Paul II. in Privataudienz empfangen.

Sie war Ehrenbürgerin Argentiniens und der Stadt Frankfurt am Main.

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem bestätigte am 24. Juni 1993 die Ehrung Oskar Schindlers als „Gerechter unter den Völkern“ und erweiterte diese Anerkennung auch auf Emilie Schindler.

Literatur:

Das Buch „Ich, Emilie Schindler – Erinnerungen einer Unbeugsamen“ von der in Argentinien lebenden Journalistin und Buchautorin Erika Rosenberg wurde 2001 vom F.A. Herbig-Verlag, München, herausgebracht.

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Staatsfeiertag in Tschechien zur Erinnerung an die „Samtene Revolution“  

Erst seit fünf Jahren wird in Tschechien der 17. November als Staatsfeiertag, und zwar als „Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie“ begangen.

Mit Feiern und Gedenkveranstaltungen wird an den Sturz des totalitären kommunistischen Regimes in der ehemaligen Tschechoslowakei erinnert. Die gewaltsame Niederschlagung einer friedlichen Studentendemonstration auf der Prager Nationalstraße am 17. November 1989 hatte die so genannte „Samtene Revolution“ ausgelöst.

Am Ort des brutalen Polizeieinsatzes gegen die Studenten wurde eine Gedenktafel angebracht. Seitdem werden an dieser Stelle immer wieder Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet.

Viele Tschechen/innen kritisieren, dass der Wechsel zu „sanft“ bzw. zu „samten“ war und dass zu wenig kommunistische Funktionäre für ihre Taten bestraft wurden.

Vergleiche hierzu auch meinen Beitrag „Private Bibliothek von Ex-Präsident Václav Havel“ in der „Schönhengster Heimat“, November 2004, Seite 6 und den Beitrag

„In Tschechien wurde an die sowjetische Okkupation von 1968 erinnert“ im Abschnitt „Nachrichten aus Böhmen, Mähren und Sudeten-Schlesien“ in dieser Homepage.  

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Gedenken an die Samtene Revolution in Tschechien

Am 17. November 1989 war in Prag eine angemeldete Kundgebung von mehreren Tausend Studenten in eine Demonstration gegen das kommunistische Regime umgeschlagen. Die Polizei griff brutal durch, es gab mehrere Hundert Verletzte, noch mehr Jugendliche wurden festgenommen. Dies führte zu einem Proteststurm, der immer weitere Teile der Gesellschaft ergriff und letztlich das kommunistische Regime kippte.

Der jetzige Weihbischof in Prag, Václav Malý, war damals der Moderator der Kundgebungen auf dem Wenzelsplatz und im Letná-Park.

Zum 25. Jahrestag dieser Samtenen Revolution wurde am 17. November 2014 im Prager Stadtteil Albertov eine Gedenktafel enthüllt.

Auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck und die Staatsoberhäupter aus der Slowakei, aus Polen und Ungarn waren zu dieser Gedenkfeier angereist.

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Deutschsprachige Auslandssendung von Radio Prag vom 25.03.2006:
Kapitel aus der Tschechischen Geschichte                            

Die deutsche Universität in Prag (1882-1945)

Die Karls-Universität in Prag, die 1348 vom böhmischen König und späteren römischen Kaiser Karl IV. gegründet wurde, und die von Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1920 den Namen Karl Ferdinands trug, hat eine sehr reiche Geschichte hinter sich. Ein ganz besonderes Kapitel in ihrer Existenz nimmt jedoch das Ende des 19. Jahrhunderts ein. Es ist nämlich relativ wenig bekannt, dass nach ihrer Teilung von 1882 bis 1945 zwei Universitäten in Prag existiert haben: die tschechische und die deutsche Universität. Wie und warum es dazu gekommen war, und was für ein Schicksal speziell die deutsche Universität ereilte, darüber spricht Dana Martinova im heutigen "Kapitel aus der tschechischen Geschichte" mit dem Direktor des Archivs der Karls-Universität, Dozent PhDr. Petr Svobodný.

Die Geschichte der Prager Universität hat in der Vergangenheit auch die politische Lage in Böhmen und Mähren getreu widergespiegelt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert wurde diese Tendenz im 18. Jahrhundert vor allem durch die Bestrebungen der Habsburger noch verstärkt. Denn mit der Einführung einer Einheitssprache im ganzen Staat wollte die Regierung in Wien ihre Macht weiter stabilisieren. Die Situation an der Prager Universität charakterisiert Dr. Svobodný:

"Aus der Prager Universität ist Ende des 18. Jahrhunderts im Zuge der Reformen unter Maria Theresia und Joseph II. eine deutschsprachige Universität geworden. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entsprach sie allmählich aber nicht mehr der gewachsenen kulturellen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung des tschechischen Volkes. An der Universität studierten nämlich nicht nur Böhmen und Mährer mit deutscher Muttersprache, sondern natürlich auch Tschechen. Und die Anzahl dieser Studenten nahm damals ständig zu. Wesentlich langsamer aber wuchs die Zahl der Tschechisch sprechenden Professoren und Dozenten, was angesichts ihres fehlenden Bedarfs im niedrigeren tschechischen Schulwesen schon bald ein haltloser Zustand war. Die tschechischen Politiker verstärkten deshalb in den 1860er Jahren den Druck auf die Wiener Regierung mit der Forderung, an der Prager Universität eine konsequente Zweisprachigkeit einzuführen."

Zu Beginn der 1880er Jahre waren die Befürchtungen der deutschen Studenten und Lehrer bezüglich einer Tschechisierung der Prager Universität derart gestiegen, dass die österreichische Regierung einer besonderen Lösung zustimmte. Nach dem kaiserlichen Erlass vom Jahre 1882 wurde die Prager Karl-Ferdinand-Universität in zwei getrennte und völlig unabhängige Institute geteilt, und zwar in die tschechische und in die deutsche Universität. Deren Ausgangspositionen allerdings waren sehr unterschiedlich. Dazu äußerte sich Dozent Svobodný:

"Die deutsche Universität in Prag hatte zwar dem Gesetz nach den gleichen Status wie die tschechische Universität, hatte aber in Wirklichkeit vor allem materiell die ungleich besseren Ausgangsbedingungen. Die Institute, Kabinette und Bibliotheken sowie die Kliniken an den medizinischen Fakultäten waren nämlich anhand dessen aufgeteilt worden, für welche Universität sich die einzelnen Professoren entschieden hatten. Aufgrund der ungleichen Entwicklung vor der Teilung waren die Professoren zumeist Deutsche, die selbstverständlich an der deutschen Universität weiter lehren wollten. Was nichts anderes bedeutete, als dass die tschechische Universität in vielerlei Hinsicht von Grund auf neu errichtet werden musste."

Die höchste Sprosse auf der Karriereleiter eines Hochschullehrers war seinerzeit eine Anstellung als österreichischer Universitätsprofessor an der Uni in Wien. In Prag dagegen hatte nur die medizinische Fakultät eine überdurchschnittliche Qualität vorzuweisen. Aber auch in der Stadt an der Moldau hat eine Reihe von bedeutenden Persönlichkeiten gewirkt.

"An der deutschen Universität in Prag lehrten nicht nur Professoren und Dozenten aus Böhmen und Mähren, sondern auch aus den anderen Teilen der habsburgischen Monarchie, und ebenso aus Deutschland. Gerade vor dem Ersten Weltkrieg haben hier einige weltbekannte Wissenschaftler ihre Vorlesungen gehalten. Zu ihnen gehörten unter anderen der Physiker und Philosoph Ernst Mach, der in Prag nahezu 30 Jahre lang lebte, der Indologe Moritz Winternitz und insbesondere der Entdecker der Relativitätstheorie Albert Einstein, der hier als Professor für theoretische Physik in drei Semestern von 1911 bis 1912 seine Vorlesungen hielt. Aber auch unter den Studenten finden wir prominente Persönlichkeiten, wie z. B. die späteren Schriftsteller Max Brod und Franz Kafka oder die Nobelpreisträger für Medizin des Jahres 1947, Carl und Gerta Cori."

Im Jahre 1918 ist die habsburgische Monarchie zerfallen. In einem Teil von ihr entstand die Tschechoslowakische Republik. Die umwälzenden politischen Ereignisse haben sich selbstverständlich auch im Leben der beiden Universitäten widergespiegelt. Dazu sagte Petr Svobodný:

"Während die deutsche Universität vor 1918 sehr privilegiert wurde, so hat sich diese Situation nach dem Jahr 1918 zu Gunsten der tschechischen Universität verändert. Den Deutschen machte vor allem die so genannte Lex Mares schwer zu schaffen, die nach ihrem Initiator, dem Professor der Physiologie Frantisek Mares benannt wurde. Diesem Gesetz nach wurde nämlich einzig die tschechische Universität zur rechtmäßigen Erbin der historischen Tradition der Universität erklärt. Sie durfte ab 1920 den Namen Karlsuniversität tragen, während die deutsche Universität diesen Zusatz aus ihrem Namen streichen musste."

Die nationalen Spannungen verschärften sich, auch wenn es unter den deutschen Lehrern und Studenten solche gab, die ihre Loyalität zum tschechoslowakischen Staat ausdrückten. Einige Professoren waren sogar Mitglieder der Regierung, wie z. B. der Professor für tschechische Sprache und Literatur an der Philosophischen Fakultät der Deutschen Universität Franz Spina, oder der Professor für römisches und ziviles Recht an der deutschen juristischen Fakultät Robert Mayr-Harting. Hinzu kam ein immer stärker werdender Antisemitismus.

"Die nationalen Gegensätze zwischen der tschechischen und der deutschen Universität in Prag eskalierten im Jahre 1934. Im November jenes Jahres kam es zu den Studentenunruhen, bei denen nationalistische tschechische Studenten die deutsche Universität vehement dazu aufforderten, auf Grund des Gesetzes vom Jahr 1920 endlich die historischen Universitätsinsignien der Karls-Universität herauszugeben, ebenso das Universitätsarchiv. Es kam zu Demonstrationen, die nicht selten von Gewalt begleitet wurden. Unter Aufsicht des Schulministeriums wurden die Insignien dann tatsächlich der tschechischen Universität übergeben."

Das letzte Kapitel in der Geschichte der deutschen Universität in Prag, das von 1939 bis 1945 geschrieben wurde, war leider auch das dunkelste Kapitel dieser Einrichtung. Es begann eigentlich schon kurz nach dem Münchener Abkommen im Herbst 1938, als die deutsche Universität ihre Loyalität zum tschechoslowakischen Staat ablehnte und ihre Hochschullehrer in großer Zahl nach Deutschland oder nach Wien abwanderten. Im Zuge der so genannten Arisierung wurden zugleich alle jüdischen Studenten und Pädagogen von dieser Hochschule entfernt. Mit der Besatzung Böhmens und Mährens durch die deutschen Nationalsozialisten am 15. März 1939 änderten sich auch die Beziehungen zwischen beiden Prager Universitäten dramatisch.

"Mit Beginn des Semesters 1939/40 wurde die deutsche Universität dem Schulministerium in Berlin unterstellt und zu einer Reichsuniversität erklärt. Gleichzeitig wurde eine sehr intensive Glorifizierung des Nationalsozialismus betrieben: Zu Vorlesungen wurden immer öfter nazistisch orientierte Lehrer aus dem Deutschen Reich eingeladen, und es wurden neue Fächer eingeführt, die der nationalsozialistischen Ideologie entsprachen, wie z. B. die Rassenhygiene, die Kriegschirurgie oder die Kriegschemie."

Am 17. November 1939 wurden die tschechische Universität und alle anderen nationalen Hochschulen auf Befehl der deutschen Besatzer geschlossen. Bis Kriegsende wurde daher einzig an der deutschen Universität in Prag gelehrt. In dieser Zeit wurde sie ganz offiziell als Deutsche Karls-Universität in Prag geführt.

"Zu den berüchtigten Pädagogen, die sich bei der nationalsozialistischen Ideologisierung der deutschen Universität in einem Höchstmaß engagierten, gehörte der Professor für osteuropäische Geschichte, Josef Pfitzner. Dank seiner politischen Aktivitäten hat er sogar den Posten des stellvertretenden Prager Oberbürgermeisters bekleidet. Allerdings waren die Methoden seiner Amtsausführung so brutal, dass er nach dem Krieg hingerichtet wurde. Auf der anderen Seite muss man notwendigerweise sagen, dass es unter den deutschen Professoren auch redliche Menschen gab. Aber genau deshalb mussten die meisten von ihnen nicht nur ihren Lehrstuhl an der Universität verlassen, sondern wurden zum Teil auch in ein Konzentrationslager geschickt, von dem einige nicht mehr zurückkamen. Einer von ihnen war z. B. der europaweit berühmte Pharmakologe Emil Starkenstein."

An der deutschen Universität in Prag wurde bis fast zum Ende des Zweiten Weltkrieges gelehrt. An der medizinischen Fakultät promovierten die Ärzte sogar noch Anfang Mai 1945, da die Ärzte in dieser Zeit am meisten gebraucht wurden. Nach dem Krieg ist die Universität de facto von den Tschechen übernommen worden. Ihre Gebäude wurden zum Teil schon während des Prager Aufstands von ehemaligen Professoren, Dozenten und anderen tschechischen Hochschulangestellten besetzt.

"Das offizielle Ende der deutschen Universität in Prag ist auf den 18. Oktober 1945 datiert. An diesem Tag wurde sie anhand eines Dekrets des Präsidenten der Republik für immer geschlossen. Im Nachhinein wurde zum Datum ihrer Schließung der 17. November 1939 erhoben, also genau jenes Datum, an dem die Nazis die Karls-Universität und andere tschechische Bildungseinrichtungen hatten schließen lassen. Das war nämlich das tatsächliche Ende der wahren deutschen Universität in Prag."

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1806 – Das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 

Vor 200 Jahren, am 6. August 1806, legte Kaiser Franz II. in Wien die Kaiserkrone nieder und besiegelte damit das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Am 12. Juli 1806 war unter Federführung des französischen Kaisers, Napoleon I., in Paris die Rheinbundakte unterzeichnet worden. Damit war der Rheinbund gegründet. 16 süd- und westdeutsche Fürsten verbündeten sich mit Frankreich und erkannten die französische Oberherrschaft an.

Auf dem Reichstag in Regensburg am 1. August 1806 erklärten sie ihren Austritt aus dem Heiligen Römischen Reich. Auf Geheiß Napoleons verkündete der französische Gesandte, dass der Kaiser Frankreichs ein deutsches Reich nicht mehr anerkenne. Daraufhin legte Kaiser Franz II. am 6. August 1806 die Krone des Heiligen Römischen Reiches nieder.
Etwa tausend Jahre zuvor (am 25. Dezember 800) war Karl der Große von Papst Leo III. in Rom zum Kaiser gekrönt worden. Damit galt das Römische Reich als wieder hergestellt. 

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Der "Friedenskaiser" Karl IV. (* 14.05.1316 in Prag, + 29.11.I378 in Prag), seine Nachfolger und die Reichskleinodien

Kaiser Karl IV., aus der Dynastie der Luxemburger, stammte mütterlicherseits aus dem Hause der Přemysliden. Er war hochgebildet, sprach, schrieb und las fünf Sprachen. Seine Erziehung hatte er am französischen Hof erhalten. Sein Taufname war Wenzel.

Karl übernahm Anfang 1334 die Regentschaft in Böhmen. Am 11.07.1346 ließ er sich im Einvernehmen mit Papst Clemens VI. von fünf Kurfürsten zum Gegenkönig Ludwigs des Bayern wählen. Am 26.08.1346 wurde er König von Böhmen und am 05.04.1355 in Rom zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt. Er machte Böhmen zum Kernland seines großen Reiches und erhob Prag zu seiner Residenzstadt. Im Jahre 1348 gründete er hier die erste deutsche Universität (Gründungsbulle vom 07.04.1348). Sie war (nach Paris, Bologna und Padua) eine der ältesten Universitäten Mitteleuropas. Der jeweilige Erzbischof von Prag war ihr Kanzler. Karl ließ in Prag den St.-Veits-Dom, den Hradschin (mit der Burg) sowie die Karlsbrücke bauen, er richtete eine gute Verwaltung und die Rechtspflege ein. Er galt als großer Förderer von Wissenschaft, Kunst, Handel und Gewerbe (Bergbau). Rings um Prag ließ er Weingärten angelegen. Die Forstpflege wurde erstmals grundlegend geregelt.

Seinen Namen trägt der von ihm um 1349 gegründete Kurort Karlsbad.

Die Kanzlei des Kaisers unter Johann von Neumarkt (* um 1310 in Hohenmauth, + 24.12.1380, beigesetzt in dem von ihm gegründeten Augustinerkloster zu Leitomischl) war ein Zentrum des Frühhumanismus. Die Reform der Prager Kanzleisprache wurde auch Grundlage der späteren neuhochdeutschen Schriftsprache.

Johann II. von Neumarkt war von 1353 bis 1364 Bischof in Leitomischl, im Jahr 1364 wurde er Bischof in Olmütz. Als Kanzler war er engster Vertrauter Karls IV.
Johann II. starb kurz vor der Ernennung zum Bischof in Breslau.

Karl hatte sich am 27. Mai 1353 mit der schönen Herzogin Anna von Schweidnitz verheiratet und so die Bindung Schlesiens und der Oberlausitz (seit 1335) an die Krone Böhmens (und an das Römische Reich) verstärkt.

Anlässlich der Vermählung wurden der böhmische Löwe, der schlesische Adler sowie der Reichsadler als Wappen über dem mächtigen Hauptportal der Lorenzkirche in der Reichsstadt Nürnberg angebracht.

Kaiser Karl IV. stiftete am 08.07.1355 die Frauenkirche in Nürnberg als Hofkapelle und übergab sie zur Aufsicht, Nutzung und Pflege dem Augustiner-Chorherrenstift "Unserer lieben Frau" in der Prager Neustadt (gegründet um 1334 vom Prager Bischof Johann von Draschitz).

Das berühmte "Männleinlaufen" (der Reigen der sieben Kurfürsten um Kaiser Karl IV.) und das mittägliche Glockenspiel im Turm der Frauenkirche auf dem Nürnberger Hauptmarkt erinnern täglich an den Stifter.

Auf den Reichstagen am 10.01. und 25.12.1356 in Nürnberg und Metz wurde die "Goldene Bulle" zum Gesetz erhoben. In ihr bestätigte Kaiser Karl IV. den sieben Kurfürsten (den Erzbischöfen von Mainz, Trier und Köln, sowie dem König von Böhmen, dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg) das seit 1338 bestehende Recht der Königswahl.

Die höchste Gewalt des Reiches lag nunmehr in den Händen der sieben Kurfürsten. Der mächtige Einfluss des Papsttums war damit für immer ausgeschaltet.

Während des Dreißigjährigen Krieges (im Jahre 1623) kamen Bayern und später (1692) auch Braunschweig-Lüneburg zur Kurwürde.

Die "Goldene Bulle" war das Grundgesetz (eine Art mittelalterliche Reichsverfassung) für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Sie hatte bis zur Auflösung des alten Reiches im Jahr 1806 Gültigkeit. Sie enthielt, neben dem Recht der Königswahl, viele weitere ausführliche Bestimmungen, zum Beispiel über den Landfrieden, das Städte- und Zunftwesen, das Münzrecht und das Krönungszeremoniell.

Die Bulle (lateinisch) wurde nach dem (aus Goldblech doppelseitig geprägten) kaiserlichen Siegel benannt.

Dieses Gesetz bestimmte im Kapitel 29 die fränkische Reichsstadt Nürnberg zum Versammlungsort des ersten Reichstages jedes neugewählten Königs. Hier hielt Kaiser Karl IV. neunundfünfzigmal Hof.

Nürnberg war sein zweiter Regierungsort (es gab keine Hauptstadt). Seine beiden Söhne Wenzel und Sigismund wurden in Franken geboren.

Im Jahr 1543 fand der letzte Reichstag in Nürnberg statt.

Bayern ist auf mehrfache Weise mit dem "Friedenskaiser" verbunden. Er wollte in der Oberpfalz und in Franken ein besonderes Territorium aufbauen, das er "Neuböhmen" nannte. Die Städte Sulzbach, Auerbach und Lauf an der Pegnitz (das Wenzelsschloss) waren als Mittelpunkte ausersehen. Einige bayerische Städte führen noch heute den böhmischen Löwen in ihren Wappen (so Hersbruck und Lauf).

Unter der Regierung Karls IV. erlebte das Land seine größte Blüte. Diese Zeit wird mit Recht als "Goldenes Zeitalter" bezeichnet. Karl war einer der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters und wohl der Größte, der je die böhmische Krone trug. Er schrieb eine lateinische Autobiographie seines Aufstiegs bis zum Jahr 1340/1346.
Karl IV. war der Herkunft nach Deutscher, nach seiner Bildung eher Franzose, als König von Böhmen war er ein Böhme, als Römisch-Deutscher Kaiser konnte er sich einen Römer wie einen Deutschen nennen.

Er war ein "Europäer!"  Als Prinz war er auf seinen Reisen auch in Leitomischl und Karlsbrunn.

Unter der Regentschaft Karls wird das Bistum Prag zum Erzbistum erhoben und am 21.11.1344 sein Ratgeber, Bischof Ernst von Pardubitz, als Erzbischof vom Breslauer Bischof feierlich eingeführt. Damit war die Lostrennung Prags vom Erzbistum Mainz erreicht.
Die Krönung der böhmischen Könige nahm auf Weisung Karls vom 01.09.1347 nicht mehr der Mainzer Erzbischof, sondern der Prager Erzbischof vor.
(Bistum Prag war seit 973 [bis dahin Regensburg], Olmütz seit 1063 und Leitomischl von 1344 bis 1421 [1554] Bischofssitz.)

Der Kirchen-, Burgen- und Brückenbauer Peter Parler (* 1330 in Schwäbisch Gmünd, + 13.07.1399 in Prag) gehörte zu den Beratern Kaiser Karls IV. (Die Söhne Parlers, Wenzel und Hans, waren ebenfalls in Prag tätig.)

Über die Gründung und Grundsteinlegung der Prager Neustadt existiert eine Urkunde vom 08.03.1348.

Durch die Ungunst der Zeit und durch die Unfähigkeit des Nachfolgers, des ältesten Sohnes Wenzel IV. (* 26.02.1361, + 16.08.1419), König von Böhmen von 1363/1378 bis 1419, wurde vieles teils wieder zerstört.

Wenzel IV. ließ Johannes von Nepomuk, den Generalvikar des Prager Erzbischofs, foltern und am 20.03.1393 in der Moldau ertränken. Johannes von Nepomuk ist Brückenheiliger und Landespatron von Böhmen.

Die Dynastie der Luxemburger regierte in Böhmen 127 Jahre, von 1310 bis 1437. Der letzte Herrscher, Sigismund (* 15.02.1368, + 09.12.1437), von 1420 bis zum Tode war er böhmischer König. Von 1438/1526 an regierten die Habsburger.

Wenzel war von 1376/1378 bis 1400 (Absetzung) und Sigismund von 1410/1411 bis 1437 auch römisch-deutscher König, Sigismund außerdem von 1387 bis 1437 König von Ungarn und von 1433 bis zu seinem Tode römisch-deutscher Kaiser.

Sigismund wurde am 28.07.1420 im Prager St.-Veits-Dom zum König von Böhmen und am 03.05.1433 zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt. Er war ein weitblickender Staatsmann und vielgewandter Diplomat.

Die Reichskleinodien (Reichskrone, Reichsapfel, Reichskreuz, Zepter, Reichsschwert, heilige Lanze und Krönungsmantel) -seit 1365 in der Burg Karlstein bei Prag aufbewahrt- wurden unter König Sigismund (wegen der andauernden Hussitenkriege) am 22.03.1424 "auf ewige Zeiten" der Reichsstadt Nürnberg zur Aufbewahrung übergeben (mehr als 372 Jahre).

Am 23.07.1796 brachte man sie vor dem Zugriff der französischen Revolutionsarmee nach Regensburg und Passau in Sicherheit (4 Jahre in einem Versteck). Vom 29.10.1800 an (mit Unterbrechungen) waren sie in der österreichischen Schatzkammer in Wien in sicherer Obhut.

Vom 30.08.1938 bis 04.01.1946 befanden sich die Reichskleinodien wieder in Nürnberg. Sie kamen nach der Übergabe durch die amerikanische Militärregierung an die österreichische Bundesregierung am 05.01.1946 nach Wien und werden (nach mehreren Zwischenstationen) nun in der Weltlichen Schatzkammer der Wiener Hofburg aufbewahrt.
Die deutsche Bundesregierung, das Bistum Aachen, die Stadt Nürnberg und die Regierung in Rom hatten Ansprüche auf die Reichskleinodien angemeldet. Mehrere Rechtsgutachten wurden zu dieser Frage erstellt.

König Sigismund, der zweite Sohn Karls IV., hatte die Reichskleinodien 1424 der Reichsstadt Nürnberg zur Aufbewahrung mit der Auflage übergeben, sie einmal im Jahr "öffentlich zur Schau zu stellen" und vierzehn Tage lang eine Messe und einen Jahrmarkt zu halten.

Die Reichskleinodien wurden bis zum Jahr 1796 in der Nürnberger Heilig-Geist-Kirche, die meisten in einem gesicherten Gewölbe über der Sakristei, verwahrt.

Während des Zweiten Weltkrieges waren sie in einem Luftschutz-Bunker (einem so genannten „Kunstbunker“) in einer Tiefe bis zu 24 Metern unter der Kaiserburg in Nürnberg eingelagert, ebenso die Uhr der Frauenkirche mit dem „Männleinlaufen“ und der „Engelsgruß“ aus der Kirche St. Lorenz.
Der Aufbewahrungsort dieser und weiterer Kunstschätze wurde streng geheim gehalten. Die wenigen Wissensträger gaben den Ort nach Kriegsende 1945 erst nach massivem Zwang durch die amerikanische Besatzungsmacht preis.

Eine Bronze-Gedenktafel an der Heilig-Geist-Kirche in Nürnberg erinnert seit 2003 an die Reichskleinodien. Sie wurden in dem ehemaligen Gotteshaus von 1424 bis 1796 verwahrt.
Bis zum Jahr 1523 wurden Reichskrone, Reichsapfel, Zepter und Schwert dem Volk jährlich einmal von einem Gerüst herab gezeigt.

Im Jahr 1978 fanden in Nürnberg und in Prag zur 600. Wiederkehr des Todestages Kaiser Karls IV. eine Reihe von Festveranstaltungen statt.

September 1994

 

 

             

 

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Ausstellung „Die Goldene Bulle – 1356 bis 1806“ 

Die Ausstellung „Die Goldene Bulle – 1356 bis 1806“ wurde vom 30. September 2006 bis 14. Januar 2007 in Frankfurt / Main gezeigt.

Infos im Internet: www.kaisermacher.de

450 Jahre war die Goldene Bulle gültig. 29 Wahlen wurden in der Stadt Frankfurt / Main abgehalten. Jede Wahl dauerte mehrere Wochen, die längste (1741/42) dauerte 15 Monate.

Die kaiserliche Kanzlei stellte 7 Ausfertigungen der Goldenen Bulle her.
Das 84 Seiten starke mit Kalbsleder bezogene Buch wurde mit einem goldenen Metallstempel (lateinisch: „bulla“) besiegelt. Diese Bezeichnung ging später als Bezeichnung auf die Urkunde (das Verfassungsdokument) über.

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Ausstellung: Doppelschau zum Heiligen Römischen Reich in Berlin und Magdeburg 

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation hatte eine Lebensdauer von sage und schreibe 844 Jahren.

Die Reichsgeschichte beginnt im Jahr 962 mit der Krönung Ottos des Großen (912 bis 973) zum Kaiser durch Papst Johannes XII. in Rom.

Dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörten  neben den deutschen Landen die Königreiche Italien, Burgund und Böhmen an.

Zu den staatstragenden Schriftstücken gehört die Goldene Bulle von 1356, die ihren Namen wegen des dem Dokument anhängenden Siegels trägt. Mit der Goldenen Bulle, die bis 1806 das wichtigste Verfassungsgesetz des Heiligen Römischen Reiches war, hat Kaiser Karl IV. (1316 bis 1378) in Übereinkunft mit den sieben geistlichen und weltlichen Kurfürsten die Königswahl geregelt.

Im Jahr 1806 erloschen Glanz und Herrlichkeit des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation infolge des Ansturms des revolutionären, dann napoleonischen Frankreichs.

Nachdem sich unter französischem Protektorat 16 süd- und westdeutsche Staaten zum Rheinbund zusammenschlossen und ihren Austritt aus dem Reich erklärt hatten, sah sich Kaiser Franz II. (1768 bis 1835) genötigt, die römische Kaiserkrone niederzulegen. Mit seiner Abdankungsurkunde vom 6. August 1806 war das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation besiegelt. 

Ausstellungen bis 10. Dezember 2006
a)      Kulturhistorisches Museum Magdeburg, Otto-von-Guericke-Str. 68-73, und
b)      Deutsches Historisches Museum Berlin, Hinter dem Gießhaus 5,
Internet: www.dasheiligereich.de

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1815  –  Deutscher Bund gegründet 

Auf dem Wiener Kongress (18. September 1814 bis 9. Juni 1815) wurde am 8. Juni 1815 der Deutsche Bund gegründet. Es war ein loser Zusammenschluss von 41 deutschen Einzelstaaten. Auch Preußen und Österreich waren mit den Gebieten, welche schon zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehört hatten, dabei.

Bis zum Jahr 1848 führte Österreich den Vorsitz. 
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Deutschsprachige Auslandssendung von Radio Prag vom 04.08.2006

Vor 700 Jahren starb der letzte Přemyslide König Vaclav III.

Vor genau 700 Jahren sind die Přemysliden in männlicher Linie ausgestorben. Über 400 Jahre, vom 9. bis zum 12. Jahrhundert, hatte dieses Herrschergeschlecht Böhmen regiert und vor allem im 13. Jahrhundert eine aktive Expansionspolitik betrieben. Ihren Höhepunkt erreichte sie unter Ottokar II. Přemysl (1253-1278), dem es durch die Ehe mit Margarethe von Babenberg gelang, die Steiermark, das Egerland, Kärnten und Krain anzuschließen. Die Herrschaft der Přemysliden steht heute vor allem für die Vereinigung und die Christianisierung des Landes.

Der letzte Přemyslide, König Vaclav III., wurde am 4. August 1306 in Olomouc/Olmütz auf einem Feldzug gegen Polen ermordet. Zur Erinnerung an den Königsmord hat dieser Tage in Olomouc/Olmütz eine neue Theaterinszenierung Premiere - "Vaclav III.". Auch die neue Oper "Der blutige Laubengang" ist der Ermordung des letzten Přemyslidenkönigs gewidmet.

Zdenek Sternberk, dessen Stammbaum bis zu den Přemysliden zurückreicht, erinnert anlässlich des Jahrestags im Tschechischen Rundfunk an die Herrschaft seiner Vorfahren:

"Das Geschlecht der Přemysliden hat de facto die böhmische Staatlichkeit geschaffen, denn anfangs gab es nur verschiedene Stämme, die sich gegenseitig konkurriert haben. Karl IV. hätte niemals ein so fähiger, verdienstvoller Herrscher sein können, wenn er nicht zur Hälfte přemyslidischer Abstammung gewesen wäre."

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Deutschsprachige Auslandssendung von Radio Prag vom 05.08.2006

Geschichte der Krönungen auf der Prager Burg

Die 5000 Jahre alte Geschichte des Ortes, an dem der historische Sitz der böhmischen Könige steht, ist das Thema einer Dauerausstellung, die unter dem Titel "Geschichte der Prager Burg" vor zwei Jahren im alten königlichen Palast der Prager Burg eröffnet wurde. Die Dauerausstellung wird jedes Jahr durch verschiedene Sonderausstellungen und Begleitprogramme ergänzt. In dieser Saison stehen sie im Zeichen der Krönungen der böhmischen Könige.

Das Motto aller Begleitprogramme der Ausstellung auf der Prager Burg in dieser Saison lautet: "Krönungsgeschichte". Da diese Geschichte sehr umfangreich ist, haben die Veranstalter der Ausstellung sie in drei Abschnitte gegliedert. Zunächst geht es um die Krönungen der Přemysliden, der Luxemburger und der Jagiellonen. Die Schau knüpft an die erfolgreiche Ausstellung "Karl IV. - Kaiser von Gottes Gnaden" an, die im Frühjahr auf der Burg zu sehen war. Die Kuratorin der Dauerausstellung, Sylvie Novotna, sagt:

"Karl IV. beeinflusste die Krönungen schon damit, dass er eine Krönungsordnung zusammengestellt und herausgegeben hatte. Er hinterließ uns unter anderem die St. Wenzelskrone, die für seine Krönung hergestellt wurde. Eine Kopie der Krone ist in der Ausstellung zu sehen.. Die kompletten Krönungsinsignien werden wir erst im Rahmen der Präsentation des zweiten Teils der Krönungsgeschichte zeigen, der sich auf die Habsburgerdynastie konzentrieren wird. Der erste Teil der Krönungsgeschichte endet mit dem Jahr 1526."

Die Geschichte der Krönungen reicht in Europa bis in die Antike zurück. Im Fränkischen Reich knüpfte Pippin, der Jüngere, aus der Karolingerdynastie, im Jahre 751 an diese Tradition an und ließ sich mit dem heiligen Öl salben. Das war bis zu dieser Zeit nur Priestern und Bischöfen vorbehalten. Mit päpstlicher Unterstützung wurde er von den fränkischen Adligen zum König der Franken ernannt. Diese Erhebung des Karolingers Pippin zum König der Franken markiert den Übergang von der Vorstellung des Geblütsrechts eines Herrschers hin zum Gottesgnadentum als Begründung für die Herrschaftsausübung. In Byzanz wurden die Herrscher zwar mit einer Krone geschmückt, sie wurden jedoch nicht gesalbt. Seit dem 9. Jahrhundert wurden die beiden Zeremonien verbunden, und es entwickelte sich eine kirchlich liturgische Zeremonie, bei der der Herrscher "von Gottes Gnaden" zum König und zum Priester wurde. Die böhmischen Herrscher erhielten den königlichen Titel vom römischen Kaiser zum ersten Mal im Jahre 1085. Von der ersten Krönung im Jahre 1085 bis zur letzten Krönungszeremonie im Jahre 1836 wurden im Veitsdom auf der Prager Burg 26 böhmische Könige und 28 Königinnen gekrönt und mit heiligem Öl gesalbt.

Die Prager Burg und die Krönungszeremonien sind eng miteinander verbunden, sagt die Historikerin Milena Bravermannova:

"Am Anfang, als die Přemysliden in Böhmen herrschten, aber noch keine Könige waren, befand sich hier auf dem Territorium der Burg ein besonderer steinerner Stuhl, auf den der gewählte Fürst gesetzt wurde. Erst danach ist er zum rechtsgültigen Herrscher Böhmens geworden. Eine Vorstufe auf dem Weg zu den Krönungszeremonien stellte das Recht dar, eine Mitra zu tragen. Diese Mitra durfte als erster der Přemyslidenfürst Syptihnev II. tragen. Dasselbe Privileg wurde dann 1073 dem Fürsten Vratislav II. verliehen."

Als erster von den böhmischen Přemyslidenfürsten wurde Vratislav II. 1085 von Kaiser Heinrich II. in Mainz mit dem königlichen Diadem geschmückt. Im Juni 1086 salbte der Erzbischof von Trier Egilbert Vratislav und seine Frau Svatava in der St. Veit-Basilika in Prag mit dem heiligen Öl. Anlässlich der Krönung entstand der so genannte "Kodex von Vyšehrad", der unter anderem die Texte für den Krönungsritus enthält.

"Die ersten Informationen über die Wahlen der böhmischen Fürsten findet man in den Legenden. Exponate, die die Krönungszeremonien unmittelbar betreffen, sind sehr selten. Wir stellen hier eine Kopie der St. Wenzelskrone aus. Außerdem kann man hier die Krönungsmünzen besichtigen, auf denen der soeben gekrönte Herrscher abgebildet wurde. Das wichtigste Exponat ist bestimmt das Krönungsschwert. Mit ihm ist eine neue Theorie über seinen Ursprung verbunden."

Die Meinungen über das Alter der prächtigen Waffe waren während der Zeit nicht eindeutig. Ursprünglich wurde das Schwert für eine Waffe gehalten, die dem Hl. Wenzel gehörte. Es zeigte sich jedoch, dass das Schwert jünger ist. Die Forscher meinten, dass es sogar aus der Zeit Karl IV. stamme. Milena Bravermannova hat mit ihren Mitarbeitern etwas anderes bewiesen:

"Nachdem wir die schriftlichen Informationsquellen gedeutet und die Form des Schwerts mit anderen Waffen dieser Art verglichen hatten, sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass bereits Wenzel II. das Schwert für seine Krönung anfertigen ließ. Mit diesem Schwert konnte er am nächsten Tag bei der Gründung des Klosters in Zbraslav / Königsaal die Adeligen zu Rittern schlagen. Das Schwert wurde nach dem heiligen Wenzel benannt, weil darin einst eine Reliquie des böhmischen Landespatrons aufbewahrt wurde. Diese ist später aber verloren gegangen."

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Krönungen der böhmischen Herrscher auf der Prager Burg (II)  -    19.08.2006

Was der König am Tag vor seiner Krönung machen sollte, wie er am Krönungstag geweckt wurde oder was er bei der Zeremonie versprechen musste: Dies alles steht in der Krönungsordnung, die von Karl IV. herausgegeben wurde, und die den Krönungsritus bedeutend beeinflusst hat. An dieses einzigartige Dokument wird in einer Ausstellung erinnert, die auf der Prager Burg zu sehen ist.

"Am Vorabend der Krönung trifft der Prager Bischof mit Prälaten und Fürsten zusammen, und die Adeligen begleiten den Fürsten, der zum König gekrönt werden soll, auf den Vyšehrad. Nach Gebeten kehren alle vom Vyšehrad in die Prager Kirche zur Vesper zurück und begleiten danach den Herrscher in seinen festlich geschmückten Schlafraum."

So lautet der einleitende Absatz der Krönungsordnung für die böhmischen Könige, die von Karl IV. zusammengestellt wurde. Mit dieser ausführlichen Anleitung für die Krönungszeremonien hat der Herrscher die Krönungen seiner Nachfolger bedeutend beeinflusst. Die jetzige Ausstellung betrifft nur die Krönungen der Přemysliden, der Luxemburger und der Jagiellonen, sagt der Archäologe Jan Frolik. Eine neue Schau über die Habsburger Herrscher wird es erst nächstes Jahr geben.

"Bei den Vorbereitungen der Ausstellung, als wir die verschiedensten Daten und Informationen gesammelt haben, zeigte sich, dass die Krönungen nicht nur einen staatlichen Akt darstellten, mit dem man sie meistens verbindet. Mit den Krönungen sind auch zahlreiche Geschichten aus dem Alltagsleben verbunden. Unter den sechzehn gekrönten Herrschern, von denen dreizehn hier in Prag gekrönt wurden, und den einundzwanzig böhmischen Königinnen, von denen siebzehn nachweisbar in Prag gekrönt wurden, sind auch ungarische und polnische Könige, römische Kaiser sowie lombardische Könige. Dies zeugt davon, dass die böhmischen Herrscher an verschiedenen Teilen Europas interessiert waren."

Anhand der Krönungsgeschichte, so Frolik, sei gut zu sehen, wie sich der böhmische Staat einst entwickelte. Dem Archäologen zufolge ist es kein Zufall, dass die ersten Herrscher nur im Ausland und nicht noch einmal in Prag gekrönt wurden. Erst seit König Přemysl Ottokar II. war die Krönung eine sozusagen "einheimische Angelegenheit".

Eine recht komplizierte Zeremonie war das Wecken des künftigen Herrschers am Krönungstag. Der Erzbischof und weitere hohe kirchliche Würdenträger begaben sich in einem Festumzug von der Metropolitenkirche in den Palast, um den Herrscher abzuholen und ihn in die Kirche zu begleiten. Wie in der Krönungsordnung vorgeschrieben wurde, wurde an der Spitze des erwähnten Festumzugs auch das Schwert des heiligen Wenzel getragen. Der Herrscher wurde vom höchsten Kämmerer des Königtums festlich gekleidet. Nach dem Gebet wurde er von zwei Bischöfen in die Kirche geführt. In der Krönungsordnung schrieb Karl IV. auch vor, was während der Prozession in die Kirche gesungen werden sollte. Beim Glockengeläut trugen die Adeligen vor dem künftigen König die Krönungsinsignien, die sie dann auf den Altar des heiligen Veit legten. Der Kämmerer hatte ihnen mit einem Stock den Weg gezeigt. Die ganze Krönungszeremonie war eigentlich bis ins kleinste Detail vorgeschrieben. Und dennoch konnte dieses hochoffizielle Ereignis manchmal auch spontan gestaltet werden, wie aus Jan Froliks Forschungen hervorgeht:

"Ich möchte an die letzte Krönung, die in der jetzigen Ausstellung beschrieben wird, erinnern. Ludwig Jagiello wurde 1509 gekrönt. Seine kleine Schwester Anna war auch dabei. In der St. Wenzelkapelle begann sie zu heulen und bestand darauf, ebenfalls gekrönt zu werden. Sie wurde also damals als kleines Mädchen gekrönt, und die böhmischen Adeligen haben ihr gehuldigt. Es war damit eine rechtsgültige Krönung. Sie war aber die einzige böhmische Königin, die dann noch einmal gekrönt wurde - als sie volljährig war, gemeinsam mit ihrem Mann."

Jan Frolik machte auf noch eine interessante Geschichte aufmerksam, die sich 1471 zwischen Matthias Corvinus und dem päpstlichen Gesandten Rovarella in Jihlava / Iglau abgespielt hat. Matthias Corvinus hatte nicht gerade erfolgreich gegen Georg von Podiebrad gekämpft. Nach Podiebrads Tod erwartete Corvinus, dass sich die römische Kurie bei ihm für die Unterstützung, die er ihr gewährte, revanchieren wird. Dazu kam es jedoch nicht, sagt Frolik:

"In Iglau gab es eine fast hysterische Szene, als Matthias Corvinus dem päpstlichen Gesandten vorgeworfen hat, er habe so viel Mühe und Geld investiert, um Böhmen zu beherrschen, habe aber eigentlich nichts davon. In den folgenden Tagen spielte sich in der Kirche in Iglau etwas ab, was eine Art Krönung war, obwohl dabei keine Krönungsinsignien benutzt wurden. Wir müssen also Matthias Corvinus zu den gekrönten böhmischen Königen zählen. Dadurch entstand die seltsame Lage, dass Böhmen fast zwanzig Jahre lang zwei legal gekrönte Herrscher hatte. So etwas hat sich nie mehr wiederholt."

Über dieses Ereignis sowie weitere Geschichten, die mit den Krönungen zusammenhängen, können die Besucher in der Ausstellung mehr erfahren.


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Peter Parler, * 1330 in Schwäbisch Gmünd, † 13.07.1399 in Prag

Peter Parler, der große Baumeister des 14. Jahrhunderts hat wie kein anderer das Gesicht Prags und Böhmens geformt. Er war der Sohn der Baumeisterfamilie Parler in Schwäbisch Gmünd. Peter wurde um 1330 geboren. Bereits mit 23 Jahren wurde der hochbegabte Künstler, nach dem Tod des ersten Prager Dombaumeisters Matthias von Arras, nach Prag berufen. Kaiser Karl IV. holte ihn zur Fortsetzung des Dombaus nach Prag, den Matthias von Arras begonnen hatte. Fast ein halbes Jahrhundert war er der richtungsweisende Künstler in Prag und im deutschen Osten überhaupt. Er war der Lehrmeister vieler anderer Baumeister. Aus seiner Schule gingen auch die bedeutenden Baumeister Peter und dessen Sohn Hans von Prachatitz hervor, denen Wien sein Wahrzeichen, den Stephansdom verdankt. Peter Parler vollendete auch die von Matthias begonnene Burg Karlstein.

An Stelle der alten Judith-Brücke, begann Peter Parler im Jahr 1357 den Bau der berühmten Karlsbrücke in Prag über die Moldau. 530 Meter Länge misst die Brücke über die Moldau, die durch zwei Brückentürme begrenzt wird.
Die Grundsteinlegung erfolgte durch Kaiser Karl IV.  Fertiggestellt wurde die Brücke erst im Jahr 1402.

Auch die Prager Teinkirche ist sein Werk. Ein Kunstwerk von besonderem Rang ist die spätgotische Babarakirche in Kuttenberg, die von Peter Parler begonnen wurde. Er war nicht nur ein großer Baumeister, sondern zugleich ein großer Bildhauer und Holzschnitzer. Die Grabmäler der Przemysliden sind seine Werke, ebenso die Figur des Hl. Wenzel und zahlreiche andere Plastiken.

Peter Parler starb am 13.07.1399 in Prag. Sein Sohn Johann leitete in den nächsten Jahren den Dombau St. Veit weiter.

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Die Geschichte des deutschen Fußballs in Böhmen und Mähren-Schlesien       Artikel 83921, 07.10.2006

Seine große Leidenschaft, sich mit der Geschichte des tschechischen Fußballs auseinanderzusetzen, brachte den Fußballexperten Lubomir Kral auf die Idee, noch detaillierter in der Geschichte des Fußballs nachzuforschen, der einst in Böhmen und Mähren bzw. der späteren Tschechoslowakei von den hier lebenden Deutschen organisiert und gespielt wurde. Als Ergebnis seiner mehrjährigen Mühe entstand das Buch „Die Geschichte des deutschen Fußballs in Böhmen“, das unlängst im tschechischen Buchhandel erschienen ist.

Lubomir Kral stammt aus dem bereits nicht mehr existierenden Ort Strimitz bei Most / Brüx, also aus dem ehemaligen Sudetenland, in dem die deutschen Einwohner die Mehrheit hatten. Wie es sich für einen "richtigen Jungen" gehörte, war auch er sehr Fußball begeistert. Mit seinem Vater fuhr er oft nach Teplice / Teplitz, um sich die Spiele des Teplitzer FK anzusehen. Diese Fußballerlebnisse haben sich tief in sein Gedächtnis geprägt.

"Vor etwa zehn Jahren habe ich mich mit dem Studium der Geschichte des Fußballs in der ehemaligen Tschechoslowakei beschäftigt. Im Jahr 1997 ist darüber ein Buch erschienen. Bei dieser Arbeit bin ich in den Geschichtsquellen nicht nur auf die Namen einer ganzen Reihe von deutschen Fußballclubs gestoßen, sondern mir ist auch bewusst geworden, dass die Geschichte des deutschen Fußballs in Böhmen und Mähren überhaupt nicht aufgearbeitet wurde. Sie war vielmehr ein noch weißer Fleck auf der Landkarte des Fußballs der Tschechoslowakei. Weder hierzulande noch in Deutschland existierten darüber ein Buch oder andere Abhandlungen. Weil mich das Thema sehr zu interessieren begann, habe ich mich entschieden, darüber ein Buch zu verfassen, es herauszubringen und es dann auch zu präsentieren."

Sofern wir die Geschichte und die Entwicklung der Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen auf dem Fußballfeld in den Ländern der böhmischen Krone und später in der Tschechoslowakei kennen lernen wollen, müssen wir tief in die Historie der beiden Nationalitäten und ihre wechselseitigen Beziehungen zurückblicken.

"Die Geschichte über die Entstehung des Fußballs in unserem Staat ist sehr kompliziert. Denn neben den Tschechen haben hier auch andere Völkerschaften Fußball gespielt wie die Polen, die Ungaren, die Juden und selbstverständlich auch die Deutschen. Die Anfänge des Fußballs gehen bis auf die Zeit um 1887 bis 1888 zurück. Auf diese beiden Jahre bin ich immer wieder in der für mich zugänglichen Literatur gestoßen. Beim Studium in den Archiven der Hauptstadt Prag sowie im zentralen Staatsarchiv habe ich Dokumente gefunden, die belegen, dass es die Deutschen waren, die in Böhmen damit begonnen haben, Fußball zu spielen. Es war in Prag, und es waren deutsche Studenten, die als Erste diesen Sport betrieben. Ähnlich wie die Tschechen waren sie damals in verschiedenen Sportvereinen und in Literaturzirkeln organisiert. Ein Vorläufer des Fußballspiels war zum Beispiel der Literaturzirkel ´Lesehalle in Prag´."

Der Fußball kam von England nach Böhmen, wo ihn englische Studenten und Angestellte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fleißig propagiert haben. Nach und nach wurde er auch hier populär, zunächst unter der deutschen Bevölkerung, die außer in Prag vor allem rund um Ostrava / Ostrau, in Brno / Brünn, Jihlava / Iglau und in Znojmo / Znaim lebte. Mit Gründung der Tschechoslowakei sollte er dann auch die gesellschaftlichen Verhältnisse in der jungen Republik in etwa widerspiegeln.

"Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges gab es das sofortige Bestreben, den Betrieb des Fußballspiels wieder aufzunehmen, sowohl in der tschechischen Bewohnerschaft als auch unter der deutschen Minorität. Schon im Herbst 1918 nahm der ehemalige Deutsche Fußballverband wieder Schritt für Schritt seine Arbeit auf. Angesichts der Nachkriegssorgen und des bevorstehenden Winters aber wurde die neue Fußballsaison erst im Jahr 1919 gestartet. Um die Organisierung des Fußballgeschehens in der Tschechoslowakei zu verbessern, wurde im Jahr 1922 die Tschechoslowakische Fußball-Assoziation gegründet, der neben dem tschechischen und deutschen Verband auch die Fußballverbände der ungarischen, polnischen und jüdischen Minderheit beigetreten sind."

In den 1920er Jahren erlebte der Fußball in Böhmen einen großen Boom und die deutschen Fußballsklubs schossen wie Pilze aus dem Boden. Dieser Trend setzte sich auch in den 30er Jahren fort. Daher stieg logischerweise auch die Anzahl der Liga- und Freundschaftsspiele. Internationale Vergleiche wurden zuerst mit den Klubs aus den Nachbarländern Deutschland und Österreich vereinbart. Aber schon bald wurden auch Kontakte zu weiteren Klubs in fast ganz Europa geknüpft.

"Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gehört zu den bedeutendsten Meilensteinen in der Geschichte des Fußballs der Tschechoslowakei. Im Jahr 1922 zum Beispiel unternahm der berühmte Klub Teplitzer FK eine Südamerika-Tournee, bei der er nicht nur den tschechoslowakischen Fußball, sondern den Fußball in ganz Europa hervorragend präsentiert hat. Als weitere Glanzlichter aus dieser Zeit sind das Spiel des Teplitzer FK gegen Juventus Turin im Mitropa Cup oder die Vergleiche des DFC Prag mit mehreren Spitzenmannschaften aus Österreich, Spanien, Belgien und Deutschland zu nennen. Anhand einer Quelle habe ich herausgefunden, dass die deutschen Fußballer im Rahmen der Tschechoslowakischen Fußball-Assoziation fast ein Drittel der Mitglieder ausgemacht haben. Den 120.000 tschechischen Mitgliedern standen immerhin 45.000 deutsche Mitglieder gegenüber. Eine ganze Reihe von ihnen hat als Nationalspieler nicht nur den deutschen Fußball, sondern auch die Tschechoslowakei oder vor dem Ersten Weltkrieg Österreich-Ungarn repräsentiert. Auch aus diesem Grund habe ich das Buch geschrieben, da ich nicht will, dass diese Fußballer in Vergessenheit geraten."

So durchgemischt, wie die damalige Population in der Tschechoslowakischen Republik gewesen ist, so vermischt waren auch die Strukturen in den Fußballteams. In den deutschen Klubs spielten auch Tschechen und sogar Juden, und umgekehrt genauso. Das schlug sich sehr positiv auf das Leben in den Fußballvereinen nieder. Aber als sich die politische Situation in Europa bedrohlich zugespitzt hatte, wurde dieser Entwicklung leider ein Ende bereitet.

"Während des Zweiten Weltkrieges wurde auch der Fußball im damaligen Protektorat Böhmen und Mähren reorganisiert. Alle deutschen Klubs wurden dem Deutschen Fußball-Bund unterstellt. Im Protektorat entstanden parallel zu den politischen Gauen auch die Sportgaue, und zwar der Gau Sudeten und der Gau Böhmen und Mähren. In den von starken Militäreinheiten besetzten Städten Böhmens und Mährens wurden viele Militärvereine gebildet, wie der MSV oder die Fußballclubs der Luftwaffe und der Deutschen Militäreisenbahn. Sie haben auch an den so genannten Gaumeisterschaften teilgenommen. Als die Front im Herbst 1944 jedoch immer näher rückte, wurde der Fußballbetrieb nach und nach eingestellt, weil die Menschen jetzt ganz andere Sorgen hatten. Die deutschen Fußballclubs zerfielen und im April / Mai 1945 ist der deutsche Fußball in Tschechien völlig verstummt."

Gleich mehrere deutsche Fußballer, die Staatsbürger der Tschechoslowakei waren, haben wiederholt das Nationaltrikot des Landes übergestreift und sowohl bei Weltmeisterschaften als auch Olympischen Spielen teilgenommen.

"Gewiss haben sich die Namen einer Reihe deutscher Fußballer sehr nachhaltig in den Annalen verewigt, indem sie die Tschechoslowakei international repräsentiert haben. Namentlich waren das vor allem der Torwart des DFC Prag, Karl Kannhäuser, Josef Kuchynka oder Dr. Samuel Schillinger. Ein echter Star war Pavel Mahrer, der sieben Länderspiele bestritten hat. Ein weiterer außergewöhnlicher Spieler war der Torwart des Teplitzer FK, Ehrenfried Patzel, der 1934 bei der Weltmeisterschaft in Italien der Ersatztorwart hinter Frantisek Planicka war. Fußballkennern sagen aber auch solche Namen wie Jaroslav Spindler, Karl Steffl, Josef Thaut und Rudolf Zosel ganz bestimmt etwas. Aus der Zeit vor dem Jahr 1914 muss man außerdem die da noch für Österreich spielenden Robert Cimbera, Friedrich Feller, Dr. Paul Fischl und Ladislaus Kurpiel erwähnen. Sie haben sich besonders bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm und bei einer Reihe von Länderspielen hervorgetan."

Lubomir Kral, dem Autor des Buches ist es gelungen, ein fast schon vergessenes Thema wieder zu beleben. Es ist jedoch ein sehr spezielles Thema, so dass es in Tschechien eher nur am Rande notiert wurde. Davon zeugt auch die Tatsache, dass das Buch nur mit Hilfe einer beträchtlichen finanziellen Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds in Prag herausgegeben wurde.

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Aus der Tschechischen Geschichte nach dem Jahr 1945             Artikel 84001                09.10.2006

Kriegspilot, Bürger zweiter Klasse, gefeierter Nationalheld in einer Person 

Tschechische Piloten im Zweiten Weltkrieg - das ist ein Begriff. Doch nicht immer war es so, zumindest für die offiziellen Stellen. Ihre Existenz, namentlich im Falle derer, die an der Westfront gekämpft haben, wurde verschwiegen. Und nicht wenige von ihnen mussten büßen. Obwohl sie für die Befreiung des Landes gekämpft hatten, kamen sie ins Gefängnis und galten anschließend als Bürger zweiter Klasse. Ihre Verdienste wurden erst nach der politischen Wende von 1989 offiziell anerkannt. Einer von ihnen soll vorgestellt werden:

Im Alter von 94 Jahren ist in der vergangenen Woche im Militärkrankenhaus in Prag General František Fajtl gestorben, von dem die tschechische Öffentlichkeit ebenfalls erst in der jüngsten Zeit erfahren konnte. Nach 1989 ist er zur lebenden Legende geworden, die das Positive in der Geschichte des Landes verkörpert. Über den Werdegang des charismatischen Kriegspiloten František Fajtl konnten wir vieles von Jiri Rajlich im Prager Institut für Militärgeschichte hören. Als Absolvent der Militärschule im mährischen Hranice / Mährisch Weißkirchen war Fajtl vor Kriegsbeginn Berufsoffizier der Tschechoslowakischen Armee.

"Im Juni 1939 hatte er gemeinsam mit Freunden von seinem Regiment verabredet, ins Ausland zu gehen und sich in den Dienst eines Staates zu stellen, von dem sie glaubten, dass er in absehbarer Zeit in einen Kriegskonflikt mit Deutschland geraten würde. Sie flüchteten nach Polen, von dort mit dem Schiff nach Frankreich, wo sich allerdings keine andere Möglichkeit bot als der Dienst in der Fremdenlegion."

Kurz darauf brach mit dem Überfall Polens der Zweite Weltkrieg aus und František Fajtl wurde zu einer Formation der Luftstreitkräfte abkommandiert. Ab Mai 1940 nahm er an Kämpfen an der französisch-deutschen Frontlinie teil. Auf der französischen Seite bedeutete dies aber bekanntlich den Rückzug. Letzten Endes landete der tschechische Pilot in der kleinen südfranzösischen Hafenstadt Port Vendre. Von dort führte sein Weg übers Mittelmeer nach Nordafrika und dann weiter bis nach Liverpool in Großbritannien. Für František Fajtl begann hier im Juli 1940 ein bedeutendes Kapitel seines Lebens. Jiri Rajlich:

"Großbritannien war zu diesem Zeitpunkt eigentlich das einzige Land, das sich im Kriegskonflikt mit Deutschland befand. Leutnant Fajtl - und außer ihm auch die Mehrheit der dort stationierten tschechoslowakischen Piloten - wurde in einem Schnellkurs für die britische Flugtechnik umgeschult. Als Angehöriger der britischen Royal Air Force (RAF) nahm Fajtl an der Schlacht um Großbritannien teil, in der es ums Überleben ging. Den Briten, genauer ihren Piloten, gelang es in Zusammenarbeit mit den polnischen und tschechischen Kollegen, den Kampf im britischen Himmel für sich zu entscheiden."

In der Schlacht um Großbritannien konnte František Fajtl zwei Flugzeuge der deutschen Luftwaffe abschießen und weitere beschädigen. Im darauf folgenden Jahr trat er zum 313.Tschechoslowakischen Jagdgeschwader über, das schon bald bei Kämpfen über dem damals bereits besetzten Frankreich eingesetzt wurde.

"Das war eigentlich der Beginn des Kampfes um die Oberherrschaft im Luftraum über dem westeuropäischen Kontinent. Besser gesagt eine Art Vorspiel der geplanten Invasion, die dann erst 1944 realisiert wurde",

sagt der tschechische Historiker und verweist darauf, dass an Fajtls weiterem Schicksal dokumentiert werden kann, wie gefährlich es damals für alle war, an den Kämpfen in der Luft beteiligt zu sein:

"Im April 1942 wurde er als erster Tscheche und einer der ersten verbündeten Offiziere überhaupt zum Kommandeur eines RAF-Geschwaders. Während seiner Teilnahme an der großen Luftschlacht über Nordfrankreich wurde seine Maschine abgeschossen, Fajtl gelang es aber notzulanden. Er befand sich auf dem vom feindlichen Heer besetzten Territorium und wurde sofort von deutschen Wachen ausgemacht. Trotzdem gelang es ihm, einen Fluchtweg zu finden und der Festnahme zu entkommen. Anschließend musste er aber einen gefährlichen weiten Weg nehmen, um aus dem besetzten Frankreich über die Pyrenäen in das damals neutrale Franco-Spanien zu gelangen."

Dort aber wurde Fajtl doch geschnappt. Einige Monate verbrachte er im Gefängnis und in KZs, bis ihn die britische Seite, genau gesagt die britische Diplomatie "auslösen" konnte. František Fajtl durfte zunächst in das britische Gibraltar und anschließend nach Großbritannien ausreisen. Dort blieb er aber nicht lange abseits des Kampfgeschehens. Jiri Rajlich erzählt:

"Zunächst war er in verschiedenen Stabsposten tätig, darunter auch als Befehlshaber an mehreren Flugzeugbasen. Er wollte aber wie früher an Kampfoperationen teilnehmen. Im September 1943 wurde er zum Befehlshaber des 313. Jagdgeschwaders ernannt. Unter seiner Führung flogen die Maschinen in offensiven Kampfoperationen über Belgien und Frankreich."

England blieb allerdings nicht die letzte Kriegsstation von František Fajtl. Das Schicksal verschlug ihn im Februar 1944 in die Sowjetunion. Dort organisierte er die Gründung des 1. Tschechoslowakischen Flugjagdregiments, das etwa ein halbes Jahr später unter seinem Kommando ungefähr sechs Wochen lang im Slowakischen Nationalaufstand kämpfte bis zur Niederlage der Aufständischen Ende Oktober 1944.

Mit seinem Regiment kämpfte František Fajtl auch in den letzten Wochen des Krieges in der Nähe von Mährisch-Ostrau. Dort schloss sich dann eigentlich ein Kreis: Einen seiner letzten Flüge machte er über dem Gebiet, von dem aus er sechs Jahre zuvor ins Ausland geflüchtet war.

Es stand außer Zweifel: Nach dem Krieg hätten auf František Fajtl, den Mann mit derart reichen Erfahrungen, hohe Posten in der Tschechoslowakischen Armee gewartet. Er absolvierte auch die prestigereiche Kriegshochschule in Prag, wodurch sich für ihn eigentlich weitere Perspektiven für einen Aufstieg erschlossen. Die Ereignisse im Februar 1948, als die Kommunisten ans Ruder kamen, bedeuteten jedoch einen Strich durch seine Pläne. Jiri Rajlich:

"Ohne Angabe des Grundes, doch im Prinzip aus politischen Gründen, wurde Fajtl als "politisch unzuverlässiger Mann" aus der Armee entlassen. Nach 17 Jahren Militärdienst war es für ihn ein wahrer Schicksalsschlag. Nur ein paar Wochen konnte er als Hilfsarchivar im Technischen Nationalmuseum arbeiten, denn am 10. Januar 1950 klopften bei ihm zu Hause Angehörige der Geheimpolizei StB an, um ihn in das berühmt-berüchtigte Arbeitslager Mírov / Mürau zu verschleppen. Seine Ehefrau und seine kleine Tochter wurden aus Prag ausgesiedelt. In Mírov / Mürau verbrachte Fajtl dann anderthalb Jahre."

Mittlerweile wurde er degradiert und galt nach seiner Rückkehr, wie es damals so üblich war, als Bürger zweiter Kategorie. Demzufolge konnte er nur noch als Lagerraum- bzw. Hilfsarbeiter oder Buchhalter sein Brot verdienen. Das blieb lange so, bis zum Jahr 1964, als man damit begann, einige der schlimmsten Unrechtsfälle aus den 50er Jahren zu untersuchen. František Fajtl wurde teilweise rehabilitiert und wieder zum Leutnant befördert. Zu den Luftstreitkräften durfte er nicht mehr zurückkehren, zum Flugdienst wenigstens indirekt. Ab 1965 arbeitete er als selbstständiger Ermittler von Flugzeugunglücken bei der Staatlichen Fluginspektion. Dort blieb er bis zu seiner Rente.

Fajtl war aber nicht nur ein erfolgreicher Pilot der ehemaligen tschechoslowakischen Luftstreitkräfte und ein exzellenter Armeeoffizier. Er wurde auch als ein Schriftsteller bekannt, der vieles davon, was er in seinem Leben als Berufssoldat erlebt hatte, in seinen Büchern erzählte. Eines seiner Bücher trägt den Titel "Erinnerungen an gefallene Kameraden", und an die erinnerte sich František Fajtl auch vor zwei Jahren, als ihm die höchste tschechische Staatsauszeichnung -der Orden des Weißen Löwen - verliehen wurde:

"Es ist eine große Ehre für mich, aber auch für alle meine Kameraden, die gefallen sind. Das Leben war das Wertvollste, was sie für die Freiheit, das Vaterland und die Demokratie opfern konnten."

 

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Tag der deutschen Einheit in Liberec / Reichenberg            Artikel 96066              03.10.2007

 

Der 3. Oktober ist als Tag der deutschen Einheit in den Kalender eingegangen. Gefeiert wird er heute nicht nur in Deutschland. Christian Rühmkorf besuchte das nordböhmische Liberec / Reichenberg und ist dort auf einen interessanten Gesprächspartner gestoßen.

 

Der 3. Oktober 2007 - Staatsfeiertag in Deutschland. 17 Jahre ist es her, dass Westdeutschland, also die Bundesrepublik, und die DDR wieder offiziell zu einem Staat wurden. In diesem Jahr ist das Land Mecklenburg-Vorpommern mit der Ausrichtung der Feierlichkeiten an der Reihe. Erinnerung und Gedenken finden an diesem Tag aber nicht nur in Deutschland statt, sondern auch in Tschechien: am Gymnasium F.X. Salda in Liberec / Reichenberg. An der hiesigen deutschen Abteilung können tschechische Schüler das deutsche Abitur absolvieren.

Zur Feier anlässlich des Tags der deutschen Einheit ist der ehemalige sächsische Innenminister und jetzige Landtagsabgeordneter Heinz Eggert zu einem Festvortrag eingeladen.

Herr Eggert, vor allem in der Tschechoslowakei herrschte 1990 mehr Angst als Freude über die deutsche Einheit. Was hat Sie bewogen, gerade an diesem deutschen Feiertag eine Einladung von dem Gymnasium F.X. Salda anzunehmen?

"Ich habe ungefähr 23 Einladungen aus Deutschland bekommen und eine aus Tschechien, hier aus Liberec. Und da man ja Angst immer nur abbauen kann, wenn man sich gegenseitig begegnet, habe ich die Einladung angenommen."

 

Worauf werden sie in ihrem Festvortrag vor den jungen Schülern eingehen?

"Ich denke, dass es ausgesprochen wichtig ist, dass die Schüler begreifen, was eine Diktatur war, welche Chancen eine Demokratie hat. Die deutschen und tschechischen Schüler müssen sich angstfrei begegnen können, um gemeinsame Zukunftskonzepte zu erarbeiten, damit die Demagogen, die wir auf beiden Seiten haben, es nicht wieder schaffen, Deutsche gegen Tschechen und Tschechen gegen Deutsche aufzubringen."

Haben Sie, Herr Eggert, schon vor der Wende Kontakte in die Tschechoslowakei gehabt?

"Ich wohne genau 300 Meter von der tschechischen Grenze entfernt, in Oybin und hab natürlich bereits vor der Wende Kontakte in die Tschechoslowakei gehabt. Das Misthaus in Jizerka / Klein Iser ist bekannt. Tomas Töpfer, der Schauspieler und inzwischen Senator ist, kenne ich noch aus dieser Zeit. Und auch Professor Venhoda von den Prager Madrigalisten ist ein Freund."


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Ausstellung zu Wallenstein in Prag eröffnet                     15.11.07

Der Edelmann und Feldherr Albrecht von Wallenstein wurde in Prag mit einer großen Ausstellung gewürdigt. Unter dem Titel „Wallenstein und seine Zeit“ wurden in der barocken Reitschule, die unter seinem Kommando entstand, rund 1200 Exponate präsentiert. „Noch nie war in Tschechien eine so große Ausstellung zu Wallenstein zu sehen“, sagte Kurator Ladislav Cepicka. Viele Stücke seien erstmals in der Öffentlichkeit zu bewundern, darunter Funde aus dem Dreißigjährigen Krieg. Neben Gemälden und Dokumenten zeigte die Schau auch mittelalterliche Gebrauchsgegenstände und Kleidungsstücke. Die Ausstellung wurde vom Prager Senat in Zusammenarbeit mit dem Militärhistorischen Institut
und dem Nationalmuseum konzipiert.

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Konzentrationslager Theresienstadt in Böhmen

Der Propagandafilm „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“, der 1944 im KZ Theresienstadt vom deutsch-jüdischen Schauspieler, Sänger und Regisseur Kurt Gerron gedreht werden musste und die darin enthaltenen Lügen sollten die Weltöffentlichkeit über den Holocaust hinwegtäuschen.

Diese Arbeit wurde Kurt Gerron von Überlebenden angekreidet, andere zeigten Verständnis.
Ihm persönlich nützte diese Filmarbeit jedoch nichts, er wurde im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.


 

 

 

 

 

 

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