Aktuelle Nachrichten
Deutschsprachige Auslandssendung von Radio Prag vom 23.03.2006:
Tschechische Bürgerinitiative plant Buch über die Veränderung des Sudetenlandes
Die tschechische Bürgerinitiative „Antikomplex“ bereitet für den Herbst eine Publikation über die Landschaft der Sudeten vor. Im tschechischen Sudetengebiet war es nach dem Krieg und der Vertreibung der ursprünglich dort ansässigen Deutschen zu einem kompletten Bevölkerungsaustausch gekommen. In der Publikation sollen die Folgen dieses Bruches aufgearbeitet werden. Die Arbeit knüpft an die Ausstellung "Verschwundenes Sudetenland" an, in der historische Aufnahmen mit heutigen Fotos gegenübergestellt wurden. Für diese Ausstellung hat die Bürgerinitiative „Antikomplex“ den deutschen Georg-Dehio-Preis erhalten.
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Die Iglauer Gespräche sind aus dem Veranstaltungskalender der tschechisch-deutschen Beziehungen nicht mehr wegzudenken. Vom 7. bis 9. April 2006 ging bereits der 15. Jahrgang über die Bühne. Die Organisatoren der Konferenz in Jihlava / Iglau, die Bernard-Bolzano-Gesellschaft und die katholische Ackermann-Gemeinde, legen den Schwerpunkt der Gespräche nun nicht mehr ausschließlich auf die bilateralen Beziehungen, sondern richten ihren Blick immer stärker auf das gesamte mitteleuropäische Gebiet. Das diesjährige Thema lautete deshalb "Patriotismus in Mitteleuropa".
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Das Bayerische Fernsehen (3. Programm) informierte in einer Sendereihe vom 2. bis 5. Mai 2006 "Bayern und Tschechien - Nachbarn wachsen zusammen".
Sendetermine:
2. Mai 2006/ 17.15 Uhr Teil 1 "Der Süden - Europas größter Wald"
3. Mai 2006/ 17.15 Uhr Teil 2 "Der Norden - Ein Gefühl wie zu Hause"
4. Mai 2006/ 17.15 Uhr Teil 3 "Böhmen - Ein Sommernachtstraum"
5. Mai 2006/ 17.15 Uhr Teil 4 "Mähren - Wein, Weib und Gesang"
(auch ein Bericht über die Stadt Landskron)
Weitere Aktuelle Sondersendungen im Bayerischen Fernsehen:
Sondersendung über den 57. Sudetendeutschen Tag in Nürnberg.
Zeit: Sonntag, 4. Juni 2006, 21.00 bis 21.45 Uhr
PHOENIX plant, die Hauptkundgebung des 57. Sudetendeutschen Tages in Nürnberg
am Dienstag, den 6. Juni 2006 von 10.00 bis 11.00 Uhr auszustrahlen.
Neue TV Reportage/Dokumentation im Bayerischen Fernsehen:
· „Die Heimat bleibt immer im Herzen – 60 Jahre Flucht und Vertreibung“
Sendetermin: Montag, 22. Mai 2006, 22.45 bis 23.30 Uhr
· "Vertreibung und Neuanfang - Die Sudetendeutschen in Bayern"
Sendetermin: Montag, 29. Mai 2006, 22.45 bis 23.30 Uhr
Wiederholung: Montag, 5. Juni 2006, 10.15 bis 11.00 Uhr
Mit zum Teil bisher unveröffentlichten Bildern und Zeitzeugenberichten wurde in der 45minütigen Sendung über die organisierte Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrer angestammten Heimat berichtet.
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Das Wahlsystem bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus (der unteren Kammer) des tschechischen Parlaments
Tschechien ist in 14 Wahlkreise eingeteilt, die sich mit den 14 Bezirken ("kraj") decken.
Es gilt das Verhältniswahlrecht, das heißt, die 200 Mandate im Abgeordnetenhaus werden anteilig nach dem Wahlerfolg der Parteien vergeben, wobei es - wie in Deutschland - eine 5-Prozent-Sperrklausel gibt. Die Mandate werden nach der Zahl der abgegebenen Stimmen auf die Wahlkreise verteilt. Der Wahlkreis mit der höchsten Wahlbeteiligung ist also relativ am besten im Abgeordnetenhaus vertreten.
Jeder Wähler hat erst mal eine Stimme, er kann also eine Partei auswählen. Unter den Kandidaten dieser Partei kann er dann noch zwei so genannte Präferenzstimmen verteilen. Wenn ein Kandidat mehr als sieben Prozent der Präferenzstimmen bekommt, die für seine Partei in seinem Wahlkreis abgegeben wurden, dann rückt er auf der Liste ganz nach oben. So gibt es die Möglichkeit, eine bestimmte Person direkt zu wählen.
Die Wähler bekommen die Wahlzettel schon ein paar Tage vor der Wahl ausgehändigt, und zwar einen ganzen Satz, für jede Partei ein eigenes handliches Papier mit den Namen aller Kandidaten der jeweiligen Partei.. Man kann die Wahlzettel also zu Hause in Ruhe durchsehen. Im Wahllokal erhält der Wähler dann einen Umschlag, in dem er nur den Wahlzettel „seiner“ Partei, eventuell mit den von ihm gekennzeichneten Präferenzstimmen, in die Urne wirft. Für die Hauptstimme ist also gar kein Kreuzchen notwendig.
In Tschechien wird traditionell zweimal halbtags gewählt - nämlich freitags von 14 bis 22 Uhr und samstags von 8 bis 14 Uhr. Das ist eine Rücksichtnahme auf die Nationalkultur, denn die Tschechen verbringen ihre Wochenenden am liebsten im Wochenendhäuschen, das ist oft weit weg von ihrem Wahllokal.
Die Wahlperiode des Abgeordnetenhauses dauert vier Jahre. Die nächste Wahl findet im Jahr 2010 statt.
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Der Senat, die Obere Kammer des tschechischen Parlaments
Der Senat, die Obere Kammer des tschechischen Parlaments, hat 81 Sitze. Die Senatoren werden in 81 Wahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt. Die Amtszeit der Senatoren beträgt sechs Jahre.
Am 20. und 21. Oktober 2006 fanden wieder Senatswahlen statt. Es wurden aber nur 27 Senatoren gewählt, denn der Senat wird alle zwei Jahre durch die Neuwahl eines Drittels der Mandatsträger „erneuert“.
Der Senat ist völlig gleichberechtigt mit dem Abgeordnetenhaus, mit einem feinen Unterschied:
Der Senat kann weder der Regierung das Misstrauen beziehungsweise das Vertrauen aussprechen noch kann er den Haushalt verabschieden. Diese beiden, vergleichsweise wichtigen Funktionen eines Parlaments sind den Senatoren verwehrt.
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Am Mittwoch, 16.08.2006, ernannte der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus den Chef der Demokratischen Bürgerpartei, Mirek Topolanek, zum Premierminister. Schönheitsfehler für Topolanek: Die Regierung, der er vorsitzt, existiert noch gar nicht, die Amtsgeschäfte werden vorläufig vom alten Kabinett geführt - und zwar unter dem Taktstock von Premierminister Nummer zwei, dem Sozialdemokraten Jiri Paroubek.
Die Verfassung macht's möglich. Während in Deutschland und Österreich der Bundeskanzler - oder die Bundeskanzlerin - gemeinsam mit der gesamten Regierung vereidigt wird, gibt es in Tschechien vorübergehend tatsächlich zwei Regierungschefs: Einen alten, der ein Kabinett hat, aber kein Mandat aus den letzten Wahlen; und einen neuen, der zwar ein frisches Mandat hat, aber kein Kabinett. Eine Situation, die sich nicht allzu lange hinziehen sollte, meint auch Präsident Klaus:
"Ich weiß, dass die Zusammenstellung einer Regierung noch eine Weile dauern wird. Dennoch glaube ich fest daran, dass diese Regierung im Entstehen begriffen ist, dass ihre grundlegenden Strukturen bereits vorhanden sind, und dass die Bürger dieses Landes ein neues Kabinett erwarten können, in dem sich das Wahlergebnis vom Juni 2006 widerspiegelt."
Topolaneks Antwort auf die leise Mahnung zur Eile fiel eher vorsichtig aus:
"Einen genauen Zeithorizont kann ich Ihnen nicht nennen. Aber bereits in den nächsten Stunden und Tagen werde ich mit den Chefs der demokratischen Parteien intensiv verhandeln. Ich hoffe, dass es dabei bald einen Durchbruch gibt, so dass wir im Laufe der nächsten Wochen eine neue Regierung vorschlagen können."
Ohne Unterstützung der Sozialdemokraten wird sich dieser Plan aber kaum umsetzen lassen. Ein Projekt von Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Grünen ist bereits daran gescheitert, dass es im Abgeordnetenhaus nicht die nötige Mehrheit hätte. Und mit den Kommunisten wollen die Bürgerdemokraten nicht verhandeln. Der sozialdemokratische Noch-Premier Paroubek kann also zunächst mal alles offen lassen:
"Entweder es gibt eine Einigung, und wir unterstützen Topolaneks Regierung - oder wir unterstützen sie nicht. Es gibt nur diese zwei Möglichkeiten."
Auch wenn Tschechien also einen neuen - und damit insgesamt zwei - Premierminister hat: De facto ist am Mittwoch nicht viel mehr passiert, als dass Mirek Topolanek von Präsident Klaus mit der Regierungsbildung beauftragt wurde.
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Nur ein Haufen von Steinen, die unter Ästen fast nicht mehr zu sehen waren - das war das Einzige, was von der Hauswaldkapelle geblieben war. Sie stand einst unweit der Gemeinde Srni / Rehberg unweit der Stadt Bergreichenstein. Nach fünfzig Jahren Verwüstung wurde der Platz auf dem die Kirche stand und der aufgrund der dortigen Heilquelle früher "das kleine Lourdes des Böhmerwaldes" genannt wurde, neu gestaltet.
Nicht nur aus der Umgebung, sondern auch aus Tirol und Italien kamen im 19. Jahrhundert Pilger hierher, um die Heilquelle auszuprobieren. Die erste Kapelle wurde über dem Schwemmkanal im Jahr 1820 von der Gemeinde Rehberg / Srni erbaut. Ein neuer größerer Sakralbau entstand am selben Ort vierzig Jahre später. Diese Kapelle wurde 1902 umgebaut, und es sind noch einige Fotos erhalten geblieben, auf denen sie zu sehen ist. Sie erfuhr jedoch dasselbe Schicksal wie alle andere Bauten in dieser Grenzregion. Auf dem recht geräumigen Militärsperrgebiet, das hier von den Kommunisten errichtet wurde, wurden sämtliche Bauten, bis auf einige Ausnahmen, die von den Grenzschutzsoldaten genutzt wurden, dem Erdboden gleichgemacht. Die Hauswaldkapelle wurde 1957 von der tschechoslowakischen Armee in die Luft gesprengt.
Der Bürgerverein, der den Namen des Böhmerwald-Dichters Karl Klostermann (1848 bis 1923) trägt, kam - durch Erinnerungen des Schriftstellers inspiriert - auf die Idee, den Ort mit der legendären Quelle neu zu gestalten. Der Vorsitzende des Vereins Vaclav Sklenar, der in Srni / Rehberg lebt, sagte:
"Ich kenne Deutsche, die aus dieser Region stammten, die vertrieben wurden, und die dieses Wasser, das vor allem für die Augen heilende Wirkung hatte, gekannt haben. Wir dachten, dass es notwendig wäre, hier das Phänomen des Wassers hervorzuheben. In Holzrinnen wird das Quellwasser bis in stilisierte gläserne Handflächen geführt, aus denen es in einen steinernen Behälter fließt. Es geht dabei um das Erlebnis."
Der Bürgerinitiative war von Anfang an klar, dass sie keine neue Kapelle erbauen will. Mit der künstlerischen Gestaltung des Ortes wurde der Bildhauer Vaclav Fiala aus Klatovy / Klattau beauftragt. Das durch handgemachte Rinnen aus Eichenholz fließende Wasser soll seinen Worten zufolge an eine Rosenkranzschnur erinnern. Anstelle von Perlen liegen unter der seltsamen Wasserleitung Steine, die aus verschiedenen Flüssen im Böhmerwald stammen. Das Rosenkranzsymbol wurde deshalb gewählt, weil die früheren Kapellen der Jungfrau Maria geweiht worden waren. Anstelle der vernichteten Kapellen kann man heute nur die Umrisse der ursprünglichen Bauten besichtigen.
An der Erneuerung des Ortes beteiligte sich auch die Verwaltung des Nationalparks Böhmerwald. Sein Leiter Alois Pavlicko erklärte:
"Die geistige Erneuerung des Böhmerwaldes ist eines der Ziele des Nationalparks und es ist auch mein persönliches Ziel. Diese Erneuerung besteht in der Wiederbelebung der vergessenen Orte sowie der Naturressourcen, zu denen, wie hier, auch das Wasser gehört. Es handelt sich um Quellen, die Energie enthalten. Das soll jeder selbst ausprobieren. Wir werden froh sein, wenn hier Menschen einen schönen Tag mit der Naturquelle an einem spirituellen Ort erleben, den die Hauswaldkapelle darstellt."
Der Standort der früheren Hauswaldkapelle ist am einfachsten auf einem Wanderweg zu erreichen, der vom Parkplatz Mosau bei Srni / Rehberg bis zu der legendären Quelle führt.
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Papst Benedikt XVI. besuchte im September 2007 für einen Tag die Tschechische Republik .
Der Papst verband seinen eintägigen Besuch mit einem geplanten Aufenthalt im österreichischen Wallfahrtsort Mariazell am 8. September 2007.
Bei seinem Besuch in Prag handelte es sich um einen Staatsbesuch, da der Papst zugleich Oberhaupt des Vatikanstaates ist. Benedikt hat eine Messe im Prager St.-Veits-Dom zelebriert; aber auch ein Gottesdienst unter freiem Himmel gehalten.
Von den 850-Jahr-Feiern in dem bedeutendsten österreichischen Wallfahrtsort Mariazell wolle der Papst einen Abstecher nach Tschechien machen.
Tschechien wurde zuletzt im Jahr 1997 von dem vorherigen Papst Johannes Paul II. besucht.
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Besichtigung der Sehenswürdigkeiten im St.-Veits-Dom in Prag nur noch gegen Eintrittsgeld
Die tschechische Hauptstadt Prag ist ein Touristenmagnet mitten in Europa. Der riesige Besucherandrang, den die Stadt täglich zu bewältigen hat, erfordert gelegentlich auch restriktive Maßnahmen. Eine davon trat Anfang September 2006 in Kraft: Für den Zugang zu den Sehenswürdigkeiten im St.-Veits-Dom auf der Prager Burg muss man nun ein Eintrittsgeld entrichten.
Dreizehn Jahre lang hat das Tauziehen zwischen dem tschechischen Staat - vertreten durch die Präsidentenkanzlei, und der katholischen Kirche in Tschechien gedauert, bis per Gerichtsbeschluss die Entscheidung fiel: Die monumentale Kathedrale des Heiligen Veit gehört wieder der Kirche. Ihr neuer Besitzer, das Prager Erzbistum, hat das Metropolitenkapitel des Doms als Verwalter eingesetzt.
Dank der Einführung eines Eintrittgeldes von 100 Kronen (ca. dreieinhalb Euro) ist es zu einer gewissen Beruhigung des Besucherandrangs im Dom gekommen. Die Kathedrale ist in erster Linie ein kirchliches Objekt, in dem Gottesdienste durchgeführt werden, und schon aus diesem Grund heraus sollte hier ein würdiger, der Kirche angepasster Besucherverkehr erfolgen. Ein weiterer Grund ist, dass die fortwährende Instandhaltung und Renovierung des Doms sehr kostenaufwendig ist.
Den Eintrittsbereich des St.-Veits-Doms kann man nach wie vor unentgeltlich betreten und einen Blick in das Innere des Gebäudes tun. Will man sich jedoch die Sehenswürdigkeiten wie die königliche Gruft, den Turm, das Kirchenschiff, die Kapellen, die Sakristei oder den Chor anschauen, dann muss man dafür ein Eintrittsgeld zahlen. Das ist auch in den Kathedralen von London, Barcelona oder Köln der Fall, während man zum Beispiel die Pariser Kathedrale Notre Dame, den Wiener Stephansdom oder den Petersdom in Rom weiterhin unentgeltlich besichtigen kann.
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Tschechischer Ex-Präsident Havel erhielt Brückenpreis der Stadt Regensburg
Der frühere Präsident der Tschechischen Republik, Václav Havel, wurde am Sonntag, dem 24. September 2006, für seine Verdienste um das deutsch-tschechische Verhältnis, seinen Einsatz für ein Zusammenwachsen Europas und den Aufbau demokratischer Strukturen nach der „samtenen Revolution“ in seinem Land mit dem so genannten Brückenpreis der Stadt Regensburg ausgezeichnet.
Die Laudatio hielt der Präsident des Deutschen Bundestages Norbert Lammert.
Der Titel „Brückenpreis“ spielt auf Regensburgs Wahrzeichen an, die Steinerne Brücke. Sie ist ein ähnlich historisch wertvolles Bauwerk wie die Prager Karlsbrücke.
Vor der Auszeichnung in Regensburg hatte der 69-Jährige Expräsident in Passau für seinen Kampf um die Menschenrechte den „Menschen-in-Europa-Award“ der Verlagsgruppe Passau ("Passauer Neue Presse") erhalten.
Neben Havel wurde in der niederbayerischen Stadt auch die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright geehrt, die ursprünglich aus Tschechien stammt.
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Tschechischer Theaterpreis für Werke über die Vertreibung der Deutschen 02.10.06
Für sein Projekt "Perzekuce.cz 1945-1948" über die Nachkriegsvertreibung der Deutschen ist der Prager Dramatiker Miroslav Bambušek mit dem tschechischen Theaterpreis ausgezeichnet worden. Der 31-Jährige erhielt die mit 5.000 Euro verbundene Ehrung in der Kategorie "Alternative Inszenierungen". In "Perzekuce.cz 1945-1948" verarbeitet Bambušek das Massaker an etwa 800 Deutschen in der böhmischen Kleinstadt Postoloprty / Postelberg bei Saaz sowie die als "Todesmarsch" bekannte Vertreibung von rund 25.000 Deutschen aus der mährischen Stadt Brno / Brünn Ende Mai 1945.
Zu seiner für das tschechische Theater ungewöhnlichen Stoffwahl sagte Bambušek, in erster Linie kämpfe er gegen das Vergessen seiner Landsleute an. Eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sei in Tschechien mehr als fällig.
Im Jahr 2005 hat Miroslav Bambušek bereits den renommierten tschechischen Theaterpreis "Alfred Radok" erhalten.
Anmerkung:
1. Im tschechischen Internierungslager in der Kleinstadt Postoloprty / Postelberg bei Saaz wurden im Sommer 1945 über 800 Deutsche ermordet.
2. In der Gemarkung der Kleinstadt Pohorelice / Pohrlitz in Südmähren befindet sich die Gedenkstätte, die an ein Massengrab für 890 Opfer des „Brünner Todesmarsch“ erinnert.
Kommentar der „Neue Züricher Zeitung“:
„ .. Sechzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei noch kein abgeschlossenes Kapitel. Die tschechische Gesellschaft, die bis 1989 jede offene Auseinandersetzung mit den auf das Kriegsende folgenden Geschehnissen vermied, fängt erst jetzt an, die Notwendigkeit einer Vergangenheitsaufarbeitung zu spüren.
Die Vertreibung der Deutschen nach 1945 war in Tschechien lange Jahre ein Thema höchstens für Historiker und ein paar mutige Journalisten. Der Rest der tschechischen Bevölkerung schien entweder stillschweigend die Beneš-Dekrete zu billigen oder sogar die Vertreibung (inklusive der anfangs mancherorts stattgefundenen Exzesse) für rechtens zu halten. An einer öffentlichen Diskussion gab es keinen Bedarf. ...
Die Geschichte des deutsch-tschechischen Zusammenlebens darf genauso wenig ignoriert werden wie die durch die Vertreibung entstandenen Deformationen der Nachkriegs-Tschechoslowakei. ...
Nach der Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetenland fielen die ungeschützten Häuser häufig den so genannten «Goldgräbern» zum Opfer, nach der kommunistischen Machtübernahme 1948 wurde das Land zwangsweise neu besiedelt (vorwiegend mit unerwünschten Volks- und Randgruppen). ... “
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Franz-Kafka-Museum in Prag
"Die Stadt von K. - Franz Kafka und Prag" heißt die Dauerausstellung im 2005 eröffneten Franz-Kafka- Museum in einer früheren Ziegelei auf der Prager Kleinseite. Kafkas Leben in seiner Heimatstadt, mit der den Dichter eine Art Hassliebe verband, können die Besucher dort nachfühlen statt nachlesen.
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Kardinal Miloslav Vlk wurde am 17. Mai 1932 in Líšnice, Bezirk Písek, Südböhmen, geboren. In Záluží bei Chyšky verbrachte er seine Kindheit, besuchte die Grundschule und erfuhr dort auch die Härte der landwirtschaftlichen Arbeit. Mit 11 Jahren stellte er sich zum ersten Mal die Frage, ob er nicht Priester werden sollte. In seiner Pfarrkirche hing ein Bild mit dem Satz: "Willst auch Du Priester werden?", von dem er sich angezogen fühlte. In dieser Zeit träumte er davon, Pilot zu werden...
Am 20. Juni 1952 legte er am Jirsík-Gymnasium in Budweis die Reifeprüfung ab. In den Jahren 1952/53 war er als Arbeiter in einer Maschinenfabrik in Budweis tätig und absolvierte von 1953 bis 1955 in Karlsbad den Pflichtdienst beim Militär.
Nach dem Militärdienst konnte er, trotz der ungünstigen politischen Situation, an der Prager Karls-Universität Archivistik studieren und schloss das Studium 1960 mit Promotion ab. Er begann in verschiedenen südböhmischen Archiven zu arbeiten. Zuerst im Bezirksarchiv von Třebon, dann in Jindřichùv Hradec und später, von Dezember 1960 bis 1964, im Bezirks- und Stadtarchiv von Budweis, wo er Direktor wurde. In dieser Zeit veröffentlichte er eine Reihe von Fachartikeln in verschiedenen Zeitschriften. 1964 verließ er diese Tätigkeit, um in Leitmeritz an der Theologischen Fakultät zu studieren.
Während des Prager Frühlings 1968 wurde er mit 36 Jahren zum Priester geweiht. Der Budweiser Bischof Josef Hlouch machte ihn sofort zu seinem Sekretär.
Die Staatsorgane fühlten sich durch seinen Einfluss und seine Pastoraltätigkeit bedroht und zwangen ihn, Budweis zu verlassen. Er kam in die Böhmerwaldpfarreien Lažištì und Záblatí im Bezirk Prachatice. Ab 1. November 1972 war er Pfarrer in Rožmitál pod Tremšínem und gleichzeitig auch in Bohutín und Drahenice im Bezirk Příbram. Dort wurde ihm 1978 von der Staatsbehörde, in Zusammenarbeit mit den dortigen Kommunisten, die staatliche Genehmigung zum Ausüben des Priesteramtes endgültig entzogen.
Der einfache Staatsbürger Miloslav Vlk lebte von 1978 bis1988 in Prag. In den Jahren 1978 bis 1986 putzte er Schaufensterscheiben im Zentrum der Stadt Prag. Währenddessen übte er heimlich seine Pastoraltätigkeit in kleinen Gruppen von Laien aus. In den Jahren 1986 bis 1988 durfte er im Betriebsarchiv der Tschechoslowakischen Staatsbank in Prag arbeiten.
Am 1. Januar 1989, zu Beginn der Wende, wurde ihm die Erlaubnis zum Ausüben des Priesteramtes auf Probe für die Frist eines Jahres zurückerteilt. Er wurde Pfarrer in Žihobce und Bukovník im Bezirk Klatovy und später in Žachrov und gleichzeitig in den Pfarrgemeinden Bìšiny, Javorná, Železná Ruda und Strážov.
Mit der "sanften Revolution" erfuhr die Geschichte des Arbeiters Miloslav Vlk plötzlich eine Wandlung. Am 14. Februar 1990 wurde er vom Hl. Vater zum Diözesanbischof von Budweis ernannt und dort am 31. März 1990 vom Weihbischof Dr. theol. Antonín Liška zum Bischof geweiht.
Nach seiner einjährigen Tätigkeit in Budweis wurde Monsignore Miloslav Vlk am 27. März 1991 vom Papst Johannes Paul II. zum Prager Erzbischof ernannt. Am 1. Juni 1991 übernahm er von Kardinal Tomášek die Leitung der Erzdiözese.
Am 16. April 1991, wählte ihn die Tschechische Bischofskonferenz zu ihrem Vorsitzenden und
am 16. April 1993 wurde Monsignore Miloslav Vlk zum Präsidenten des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) als Nachfolger von Kardinal Martini aus Mailand gewählt. (Wiederwahl am 6. Juni 1996.) Als Präsident des CCEE war er bis 31. 5. 2001 tätig.
Am 26. November 1994 wurde Monsignore Miloslav Vlk von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt. Seit dem 28. November 1994 ist er Mitglied des Päpstlichen Rates für soziale Kommunikation und der Kongregation für die Ostkirchen.
Kardinal Miloslav Vlk wurde
am 25. Februar 1999 die hohe Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland, "Das große Verdienstkreuz", verliehen,
am 28. November 1999 erneut als Mitglied des Päpstlichen Rates für soziale Kommunikation für weitere fünf Jahre bestätigt,
am 28. September 2000 erneut zum Mitglied der Kongregation für die Ostkirchen für weitere fünf Jahre ernannt,
am 6. März 2001 die Tomáš- Garrigue-Masaryk-Ehrenmedaille und
am 28. Oktober 2006 die staatliche Auszeichnung der Tschechischen Republik "Orden des Tomáš Garrigue Masaryk" verliehen.
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Artikel 84788 31.10.2006
"Dieser Dienst hat unser Leben nachhaltig verändert"
Die deutsch-tschechischen Beziehungen sind - abgesehen von ein paar politisch-historischen Meinungsverschiedenheiten - gerade in vielen gesellschaftlichen und ökonomischen Bereichen äußerst harmonisch. Eine wichtige bilaterale Einrichtung, die oft unter der scheinbar alles dominierenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit wenig Beachtung findet, feiert in diesen Tagen ein besonderes Jubiläum.
Können Sie sich vorstellen, Ihren Zivildienst oder ein so genanntes FSJ - also ein Freiwilliges Soziales Jahr - im Ausland zu verbringen? Was vor einem Jahrzehnt noch die absolute Ausnahme schien, wird in einem globalisierten Europa immer alltäglicher. Meistens orientieren sich deutsche wie tschechische Abiturienten hierbei gerne Richtung Westen, wenngleich einige deutsche Organisationen derartige Freiwilligendienste für junge Deutsche auch in der Tschechischen Republik anbieten. Ungleich populärer ist es hingegen für tschechische Studenten ein Jahr in Deutschland zu verbringen, sei es während des Studiums oder direkt nach dem Abitur. Derartige Austauschangebote gibt es nicht nur im wirtschaftlichen oder geisteswissenschaftlichen Bereich, sondern seit über einem Jahrzehnt auch für angehende tschechische Sozialpädagogen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Bayern bindet in seine Sozialprojekte in Krankenhäuser, Altenheimen und Behinderteneinrichtungen in und um Regensburg seit 1995 tschechische Jahresfreiwillige aktiv ein und darf sich in diesen Tagen über ein besonderes Jubiläum freuen: Mit Monika Radova beendete die Hundertste tschechische Studentin Ihren FSJ-Dienst in Bayern. Beim Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate fällt ihr Fazit äußerst positiv aus, wie Sie im Gespräch mit Radio Prag bestätigt:
"Der Anfang ist immer das schwierigste. Ich konnte mir anfangs nicht vorstellen, dass ich hier praktisch ein Jahr leben werde. Ich konnte immer nur im Zeitraum von vierzehn Tagen denken, weil ich in vierzehn Tagen entweder meine Familie oder meinen Freund gesehen habe. Das war für mich wichtig. Anfangs habe ich in der Komastation im Bezirksklinikum Regensburg in der Abteilung Neurologische Rehabilitation gearbeitet. Mit der Sprache war es dort natürlich nicht so schwierig, weil die Patienten normalerweise nicht sprechen. Ich habe nur mit den Angehörigen gesprochen, was hingegen wieder schwer war, weil die vor allem bayerisch gesprochen haben. Aber die Krankenschwestern haben hochdeutsch gesprochen und mir alles auch zwei oder dreimal erklärt."
Aller Anfang ist meistens schwer, doch ist die interkulturelle wie sprachliche Hemmschwelle einmal überwundern, haben die vergangenen hundert Tschechen und Tschechinnen in den bayerischen Pflegediensteinrichtungen durch die Bank nur gute Erfahrungen gemacht, weiß Lisbeth Wagner vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Bayern zu berichten. Sie betreut das Projekt seit 1995 und hat alle tschechischen FSJ-Teilnehmer durch das Programm geführt, das neben den Arbeitsaufenthalten unter der Woche in den verschiedensten Pflegeeinrichtungen auch noch Fortbildungsseminare an einigen Wochenenden umfasst. Zum diesjährigen Jubiläum zieht Lisbeth Wagner eine positive Bilanz, betont aber, dass der Erfolg eines solchen Begegnungsprojektes meistens immer von der Persönlichkeit des Einzelnen abhängt:
"Ich habe ganz unterschiedliche Menschen kennen gelernt, einerseits Jugendliche, die sich anfangs kaum verständigen konnten und nach drei Monaten flüssig gesprochen haben. Andererseits gab es natürlich auch Jugendliche, die nicht einen so großen Sprachzuwachs hatten. Ich denke, dass dies immer auch sehr stark davon abhängt, wie sehr der einzelne sich traut, auf die Menschen zugeht und Gespräch und Kommunikation sucht."
Neben der Motivation, den sozialen Arbeitsbereich in Deutschland kennen zu lernen, ist für viele der Spracherwerb der Hauptgrund, ein FSJ in Deutschland zu absolvieren. So nutzten in den vergangenen elf Jahren auch viele "Fachfremde" die Möglichkeit, um über dieses Austauschprogramm einerseits Deutsch zu lernen, andererseits um ihren Horizont durch soziale Erfahrungen zu erweitern. Der Hundertste Teilnehmer bietet natürlich nun eine ideale Möglichkeit, dies aus statistisch auszudrücken. Dazu noch einmal Projektleiterin Lisbeth Wagner:
"Bei den tschechischen FSJ-Teilnehmern haben etwa sechzig Prozent schon vorher Erfahrungen aus dem sozialen Bereich aufzuweisen, auch in Form von einer Schulung oder einer Ausbildung. Die restlichen vierzig Prozent kamen aus völlig anderen Berufszweigen oder hatten auch gar keinen Beruf im Vorfeld und sind meistens direkt nach dem Abitur zum FSJ gekommen. Meine Erfahrung für die Zeit danach ist, dass ich bei einem überwiegenden Teil der jungen Menschen erlebt habe, dass sie selber formuliert haben, dass dieser Dienst ihr Leben nachhaltig verändert hat und dass sie einen neuen Blickwinkel auf das Leben bekommen haben. Sie haben gemerkt, dass Hilfe und Unterstützung von Menschen für Menschen ein ganz wertvoller und wichtiger Bereich ist. Sehr viele der Absolventen unseres Programms bleiben im sozialen Bereich. Es gibt aber auch junge Menschen die sagen, dass dieses Jahr eine sehr schöne und wichtige Erfahrung für Ihr Leben war, aber sie wollen lieber in einem anderen Berufszweig ihre Ausbildung oder ihr Studium absolvieren."
Den Berufszweig nicht gewechselt hat Regina Ulrichova die über das FSJ-Austauschprogramm in den Jahren 2001 und 2002 in der Rehaklinik Bad Gögging tätig war. Für sie war der Dienst in Deutschland ein Anstoß, der schließlich einen Stein ins Rollen brachte. Heute spricht sie nicht nur perfekt Deutsch, sondern studiert auch seit nunmehr vier Jahren an der Fachhochschule Regensburg Sozialpädagogik. Der erste Schritt, so Regina Ulrichova, sei immer der schwierigste, aber zugleich auch der wichtigste, der einem schließlich ganz ungeahnte Möglichkeiten eröffnen kann.
"Die wichtigste Erfahrung war, dass ich von zu Hause weggegangen bin. Ich hatte vorher auch schon drei Jahre studiert und nicht mehr bei meiner Familie gewohnt, aber trotzdem war der Schritt ins Ausland natürlich noch eine riesengroße Umstellung. Ich bin viel selbstständiger geworden, ich musste mich in einer Fremdsprache verständigen und ich habe gesehen, dass das geht. Bis dahin habe ich immer die Leute bewundert, die ins Ausland gegangen sind. Ich konnte mir das gar nicht vorstellen, aber ich habe gesehen, dass das gar nicht so schwierig ist, man muss einfach nur den Mut finden und es versuchen."
Trotz des auf beiden Seiten gut laufenden Projektes ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt. Das liegt aber keinesfalls an den Beteiligten, sondern an den politischen Rahmenbedingungen. Regina Ulrichova und weitere tschechische Sozialpädagogen dürfen trotz eines abgeschlossenen Sozialpädagogikstudiums in Deutschland mit einjähriges FSJ-Praxiserfahrung und voller Integrierung in die deutsche Gesellschaft bekanntlich keinen Job in Deutschland ausüben, da die Bundesregierung den deutschen Arbeitsmarkt auch für Hochschulabsolventen aus den neuen Beitrittsländern bis 2011 geschlossen hält. Zudem muss Projektleiterin Lisbeth Wagner immer wieder den Spagat zwischen Projektdurchführung und Finanzierbarkeit managen, da Einrichtungen aus dem kulturellen und sozialen Bereich von den anhaltenden Sparmaßnahmen in erster Linie betroffen sind. Dies kann sich mittelfristig auch auf das FSJ-Projekt mit Tschechien auswirken, so Wagner. Durch die Verlängerung des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, der 2007 auslief, ist zuminderst ein Teil der Finanzierung vorerst in trockenen Tüchern, mit dem Tandem-Jugendbüro für den deutsch-tschechischen Austausch steht zudem ein wichtiger Akteur in den deutsch-tschechischen Beziehungen dem Projekt Pate. Der Zukunftsfond finanziert zudem die unerlässlichen Deutschkurse für neu beginnende tschechische Freiwillige. Sprache ist die Grundlage einer Integration und warum gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen deutschen und tschechischen Sozialpädagogen im Gegensatz zu manchem interkulturellen Zwist in der ökonomisch-politischen bilateralen Zusammenarbeit so vorbildlich klappen, dafür hat Monika Radova eine passende Erklärung:
"Wir haben auch schon mit deutschen und tschechischen Freunden darüber nachgedacht, wie es möglich ist, dass es für uns so einfach war, hier Fuß zu fassen und Freunde zu finden. Wir sind dann zu dem Ergebnis gekommen, dass es wohl deswegen möglich war, weil wir alle aus dem sozialen Bereich sind. Ich hatte keine Probleme mit deutschen Leuten, alles hat geklappt."
Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V.
Frau Lisbeth Wagner
Landshuter Str. 19
93047 Regensburg
Tel.: 09 41 / 59 93 88 - 630
Fax: 09 41 / 59 93 88 - 666
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Artikel 84868 02.11.2006
Neues Informations- und Kontaktbüro für deutsche Schulklassen in Prag
Hunderte deutscher Schüler fahren jährlich nach Prag auf Klassenfahrt. Um ihnen künftig etwas mehr zu bieten als das übliche Touri-Programm hat die Brücke/Most-Stiftung am 1. November in Prag ein Informations- und Kontaktbüro für deutsche Schulklassen eröffnet. Was dahinter steckt, hat Silja Schultheis im Gespräch mit Ina Gamp von der Brücke/Most-Stiftung in Erfahrung gebracht.
Frau Gamp, seit 1. November gibt es in Prag ein Informations- und Kontaktbüro für deutsche Schulklassen - ein Projekt, das die Brücke/Most-Stiftung seit längerer Zeit geplant hatte und das quasi zur Dauereinrichtung werden soll. Können Sie uns zunächst kurz den Hintergrund dieses Projekts schildern, welche Idee liegt dem Ganzen zu Grunde?
Die Idee des Informations- und Kontaktbüros ist es, Schüler- und Jugendgruppen, die nach Prag kommen, dabei zu unterstützen ein Programm auf die Beine zu stellen, das mehr als nur Tourismus ist und themenorientiert ist. Sich also in Prag nicht nur zum ersten Mal mit dem tschechischen Bier auseinanderzusetzen, sondern sich beispielsweise auf die Spuren der deutschsprachigen Literatur in Prag zu begeben, Zeitzeugen zu treffen zu verschiedenen Epochen, die spannend sind in Prag - zum Beispiel Zweiter Weltkrieg oder 1968. Oder andere Angebote wahrzunehmen, über die die Schüler einfach mehr kennen lernen können als einfach nur Prag als tolle und touristisch interessante Stadt.
Sie haben es gerade erwähnt: sich mit dem tschechischen Bier auseinandersetzen. Wie sieht die bisherige Situation aus, wie verläuft eine typische Prag-Reise einer deutschen Schulklasse?
Unsere Erfahrung ist, dass die Schulklassen wirklich nach Prag kommen und ausschließlich Tourismus machen. Das heißt, gerade die höheren Klassenstufen eigentlich tagsüber vor allem touristisches Angebot wahrnehmen, vielleicht noch den ein oder anderen Ausflug machen, vielleicht sogar gute und interessante Ausflüge, etwa nach Theresienstadt. Aber in der Stadt dann ein bis zwei Museen besuchen und abends dann vor allem die Prager Kneipen erkunden. Und das liegt vor allem daran, dass die Lehrerinnen und Lehrer nicht genug Zeit haben, vielleicht auch nicht genug Wissen haben, um diese Prag-Klassenfahrten mit mehr Aufwand zu organisieren und mehr interessante Aspekte mit einzubeziehen.
Das, was Sie über die Aufgaben des Informations- und Kontaktbüros sagen, das klingt fast so, als wenn das IKB eine halb-kommerzielle Service-Einrichtung sein soll?
Ein Stück weit ist es das auch. Wir möchten aber ein nicht-kommerzielles Angebot sein und unterscheiden uns deutlich von klassischen Reisebüros - dadurch dass wir uns bemühen, das Ganze so zu gestalten, dass ein nachhaltiges Interesse an der Tschechischen Republik entsteht, nachhaltige Kontakte zwischen deutschen und tschechischen Jugendlichen und ein vertieftes Wissen, das dazu führt, dass man auch nach der Klassenfahrt möglicherweise noch Interesse an Tschechien hat und Tschechien als einen wichtigen Partner in der Europäischen Union, bei der europäischen Zusammenarbeit wahrnimmt. Uns geht es nicht darum, ein Produkt zu verkaufen, sondern nachhaltiges Interesse zu wecken.
Wie schätzen Sie das Interesse deutscher Schulklassen und vor allem Lehrer ein? Sie haben gesagt, die Lehrer haben oft keine Zeit, sich entsprechend auf die Klassenfahrt vorzubereiten. Auf der anderen Seite erfordert so ein inhaltliches Angebot, wie Sie es planen, ja auch eine entsprechende Vor- und Nachbereitung mit den Schülern, eine historische Einführung...Haben die Lehrer Ihrer Meinung nach Interesse daran?
Ich glaube, das Interesse ist da. Wir bekommen selber in regelmäßigen Abständen Anfragen, ob wir Zeitzeugen für eine Prag-Reise vermitteln können, ob wir diesen oder jenen Tipp geben können - ohne dass dieses Angebot auf unseren Webseiten vorhanden wäre. Und auch die Partnerorganisationen, die für das Projekt mit im Boot sind - Goethe-Institut, Deutsche Botschaft, die politischen Stiftungen - alle berichten immer wieder von solchen Anfragen, die an sie gerichtet werden. Und sie sind froh, in Zukunft diese Anfragen an uns weiterleiten zu 0können.
Am 7. November stellt sich das IKB in Prag erstmals vor, eine erste Vernetzung ist geplant. Wen möchten Sie als Partner in Prag vor Ort in erster Linie ansprechen und auch für eine Zusammenarbeit gewinnen?
Wir möchten alle deutschsprachigen Institutionen in Prag für eine Zusammenarbeit gewinnen. Das sind vor allem das Goethe-Institut und die Deutsche Botschaft in Prag. Ein weiterer wichtiger Partner ist das Tschechische Zentrum, das gerne deutsche Schulklassen in seinen Räumlichkeiten empfängt, um dort die Gegenwart und Geschichte der Tschechischen Republik präsentieren zu können. Und letztendlich ist das Projekt vor allem auf eine gute Vernetzung und Präsenz in Prag angewiesen. Also, eigentlich sind uns alle Institutionen als Partner willkommen, die auch die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Tschechen fördern.
Wie hat die Stadt Prag auf die Einrichtung eines IKB für deutsche Schulklassen reagiert, gibt es hier Kooperationsangebote?
Die Stadt Prag ist ein wichtiger Partner für die Zusammenarbeit und wir möchten, sobald wir in Prag richtig begonnen haben, Kontakte zur Stadt aufnehmen und vertiefen.
Die Idee, in Prag ein solches Kontakt- und Informationsbüro zu gründen, steht schon seit mehreren Jahren im Raum. Woran ist die Umsetzung bislang gescheitert?
Die Umsetzung ist bisher daran gescheitert, dass die Brücke/Most-Stiftung als Projektträgerin nicht die Finanzen zur Verfügung stellen konnte, um das Projekt zu ermöglichen. Wir haben jetzt eine Mitarbeiterin eingestellt, die das Projekt in Prag leiten wird. Wir können jetzt starten, weil wir glücklicherweise die Unterstützung von der Robert Bosch Stiftung und vom Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds gewonnen haben.
Wie soll es langfristig mit der Finanzierung aussehen?
Die Robert Bosch Stiftung und der Deutsch-tschechische Zukunftsfonds haben zugesichert, das Projekt zwei Jahre lang zu fördern. Danach möchten wir auf eigenen Füßen stehen und das Projekt über Sponsoring, über weitere Partner, aber auch über geringe Teilnehmerbeiträge so finanzieren, dass es sich selber trägt. Zum Glück müssen wir nicht wie Reisebüros gewinnorientiert arbeiten, sondern es reicht, wenn wir alle Ausgaben refinanzieren können. Es ist uns wichtig, ein langfristiges Projekt daraus zu machen und wir glauben, dass es auch für Sponsoren und andere Partner interessant sein kann.
Das heißt, die Schulklassen müssten sich auch auf ein Entgelt einstellen, das sie entrichten müssten für diesen Service, den Sie ja immerhin anbieten.
Ja, wir würden ein geringes Entgelt verlangen. Das wird sich in der Praxis herausstellen, was die Schulen in der Lage sind zu leisten und danach werden wir das festlegen.
Abschließend eine ganz praktische Frage: Was muss ein deutscher Lehrer machen, wenn er mit seiner Klasse nach Prag fahren und dort nicht nur das typische Touri-Programm absolvieren will?
Es wird eine Homepage geben zu unserem Projekt, da werden auch Kontaktdaten sein. Die Lehrer können sich dann direkt an unsere Mitarbeiterin in Prag wenden und bekommen dann Beratung, Vermittlung, Information. Das sollte noch in diesem Jahr ermöglicht werden, erstmal mit einem sehr kleinen Angebot. Und im Laufe des Jahres 2007 wird das Angebot dann vergrößert, bis es ausreichend ist.
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Der 18-jährige Gymnasiast Miroslav Hyrman analysierte tschechisch-deutsche Beziehungen Artikel 86255 13.12.2006
Konkrete Beispiele tschechisch-deutscher Zusammenarbeit im karitativ-sozialen Bereich, im kirchlichen Bereich sowie im Jugendaustausch wurden bei der Konferenz präsentiert, die von der tschechischen christlich orientierten Organisation Sdruzeni Ackermann-Gemeinde (SAG) am ersten Dezemberwochenende 2006 in Celakovice bei Prag veranstaltet wurde. Neben Diskussionsteilnehmern, die sich schon einige Jahre lang in der tschechisch-deutschen Zusammenarbeit engagieren, konnten die Konferenzteilnehmer während der Debatte am Runden Tisch einen Neuling erleben, der sie begeistert hat.
Am ersten Konferenztag habe er sich in die letzte Bank gesetzt, denn er habe sowieso niemanden gekannt, aber das Thema der Konferenz habe ihn interessiert, erzählte der 18-jährige Gymnasiast Miroslav Hyrman aus Vimperk / Winterberg. Bei der Konferenz wurde über den Anteil der Christen an der Gestaltung der tschechisch-deutschen Beziehungen diskutiert. Dass es eine tschechische Organisation Namens Sdruzeni Ackermann-Gemeinde gibt, wusste Hyrman aus einem Zeitungsartikel und da er sich für tschechisch-deutsche Beziehungen interessiert, wollte er vor Ort über die Tätigkeit der Ackermänner mehr erfahren. Mitgenommen hatte er seine umfangreiche Schularbeit, in der er sich mit tschechisch-deutschen Beziehungen befasst - einerseits aus der Sicht der historischen Presse und andererseits aus der Sicht der heutigen Jugendlichen.
Wie kam ich dazu, mich so tiefgründig mit diesem Thema zu beschäftigen?
"Ich habe früher an tschechisch-deutschen Ferienlagern teilgenommen, wo ich mit deutschen sowie tschechischen Schülern zusammengekommen bin und mich mit ihnen unterhalten habe. Später bin ich auch Deutschen begegnet, die aus der Region Vimperk vertrieben worden sind. Da habe ich begonnen, mich für ihr Schicksal sowie dafür zu interessieren, wie es in meiner Heimatstadt Vimperk damals ausgesehen hat."
Um mehr über die Geschichte zu erfahren, analysierte der 18-jährige Gymnasiast Miroslav Hyrman Artikel aus der Regionalpresse aus dem Jahr 1938 sowie den Jahren 1945-1947. Danach stellte er Schülern an Gymnasien und Mittelschulen in den Grenzregionen Fragen, die tschechisch-deutsche Beziehungen betrafen.
Wissen die Mitschüler etwas darüber, dass in Vimperk / Winterberg bis 1945/46 Deutsche gelebt haben?
"Diese Tatsache ist nicht sehr bekannt. Die Schüler wissen oft nicht, wann es zur Aussiedlung der deutschen Bevölkerung gekommen ist. Viele meinten, dass es 1948 war, als die Kommunisten an die Macht gekommen sind. Und nur sehr wenige ahnen, wie viele Deutsche vertrieben worden sind. Auch wenn die historischen Kenntnisse ungenügend sind, hält die Mehrheit der Befragten die gegenwärtigen tschechisch-deutschen Beziehungen für gut. Nur zehn Prozent der Schüler waren der Meinung, dass die Beziehungen schlecht sind. Die meisten Schüler bekundeten Interesse an Kontakten zu Deutschen und sehen die Zukunft positiv."
Während der abschließenden Diskussion bei der Konferenz sagte Miroslav Hyrman unter anderem, er hoffe, dass seine Schularbeit Interesse daran wecken kann, zu erfahren, wie die tschechisch-deutschen Beziehungen heute und in der Vergangenheit wirklich wahrgenommen wurden und werden.
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Wanderausstellung über Verbrechen an Deutschen während der Vertreibung 1945
Artikel 88534 20.02.2007
Seit Mai 2006 zieht eine Wanderausstellung durch einige nordböhmische Städte. Diese informiert den Besucher über Gewalttaten und Exzesse, die im Zuge der so genannten wilden Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg begangen wurden.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der Zeitraum zwischen Mai und September 1945, als Hunderttausende Deutsche aus den böhmischen Ländern vertrieben wurden. Im Zuge dieser so genannten wilden Vertreibung kam es zu zahlreichen Gewalttaten und Exzessen. Gerade darüber soll der Besucher informiert werden, erläutert Eduard Vacek, Präsident des Verbandes unabhängiger Schriftsteller, der die Ausstellung initiiert hat:
"Es geht vor allem um Dokumente, um zeitgenössische Fotos und persönliche Aussagen von denen, die während der Vertreibung der Sudetendeutschen von den Exzessen betroffen waren und das entweder als direkte Opfer oder als Kinder oder Familienangehörige. Die Ausstellung will alle Ereignisse erfassen, die sich in Nordböhmen abgespielt haben. Dieses Gebiet gehörte nach dem Krieg nicht zur amerikanischen sondern zur sowjetischen Zone. Der Raum der uns interessiert, reicht ungefähr von Chomutov /Komotau bis nach Liberec /Reichenberg".
Zum Beispiel wird die so genannte "Säuberungsaktion" in Postoloprty / Postelberg bei Zatec / Saaz dokumentiert. Die Tschechoslowakische Armee und Einheiten des Nachrichtendienstes sowie der militärischen Abwehr sollten Ende Mai 1945 die Stadt von den Deutschen "säubern". In der Folge wurden zwischen 700 und 800 deutsche Männer erschossen. 763 Tote wurden 1947 in einem Massengrab bei Postoloprty entdeckt. Solche und weitere Verbrechen gehen nach Ansicht der Ausstellungsmacher vor allen Dingen auf das Konto ganz bestimmter Gruppen, wie Eduard Vacek erklärt:
"Wir wollen gerade zeigen, welchen Anteil die Kommunisten und das Militär an der Aussiedlung der Deutschen beziehungsweise an konkreten Exzessen hatten."
Die Ausstellung trägt denn auch den Titel "Opfer der kommunistischen Macht im nordböhmischen Grenzgebiet in den Jahren 1945-1946."
Die Kommunisten hatten nach dem Krieg Schlüsselpositionen in der Tschechoslowakischen Volksarmee und im Innenministerium inne und tragen deswegen die Hauptverantwortung für die tragischen Ereignisse bei der Vertreibung der Deutschen, meint Eduard Vacek. Die Fokussierung auf den kommunistischen Anteil ist allerdings so scharf geraten, dass wichtige historische Zusammenhänge in der Ausstellung fehlen.
Auf der ersten Texttafel wird die Gründung der Kommunistischen Partei in der Tschechoslowakei im Jahr 1921 als "die Wurzel des Bösen" bezeichnet. Hinweise auf die sechsjährige Besatzung durch die Deutschen und auch auf die Rolle der tschechoslowakischen Exilregierung in England bei der Vorbereitung der Vertreibung fehlen hingegen.
Paul Neustupny, ein Tscheche, der 1968 nach Berlin gegangen ist und sich für die Versöhnung von Tschechen und Sudetendeutschen einsetzt, betont, warum die Ausstellung dennoch wichtig ist:
"Wenn wir Tschechen nicht über unsere eigene Geschichte aufgeklärt sind, dann betrügen wir uns weiterhin selbst. Wir haben ein Verständnis, dass wir immer diejenigen waren, die gelitten haben. Das muss aufhören. Wir tragen selbst auch Schuld. Wie wir mit den Sudetendeutschen umgegangen sind, ist eine Schande."
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Zehn Jahre „Deutsch-Tschechische Erklärung“
Eines der bedeutendsten Dokumente in den Nachbarschaftsbeziehungen zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, die „Deutsch-Tschechische Erklärung“, wurde vor zehn Jahren, am 21. Januar 1997, in Prag unterzeichnet. Dieser Akt wurde damals von dem Ministerpräsidenten Vaclav Klaus und Bundeskanzler Helmut Kohl, sowie den damaligen Außenministern Josef Zieliniec und Klaus Kinkel vorgenommen. Beide Seiten entschuldigen sich in dieser Erklärung für das sich in der Geschichte gegenseitig zugeführte Unrecht und verpflichten sich außerdem, die Rechtsordnung des jeweils anderen Landes weiterhin zu respektieren. Auf der Basis dieses Dokuments wurden viele gemeinsame Projekte angepackt. Die bekannteste Institution ist der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds.
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Seit fast zehn Jahren fördert der deutsch-tschechische Zukunftsfonds gemeinsame Projekte Artikel 87511 22.01.2007
Vor zehn Jahren wurde in Prag die Deutsch-Tschechische Erklärung unterzeichnet. Ein Ergebnis dieser Erklärung war unter anderem die Gründung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, der zur Unterstützung gemeinsamer Projekte geschaffen wurde. Über die Bilanz von zehn Jahren Deutsch-Tschechischer Erklärung und über die Arbeit des Zukunftsfonds sprach Andreas Wiedemann mit dem tschechischen Geschäftsführer des Fonds, Tomas Jelinek:
Was hat eigentlich der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds mit der Deutsch-Tschechischen Erklärung zu tun?
Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds ist eigentlich eines der konkreten Ergebnisse der Deutsch-Tschechischen Erklärung. Beide Staaten haben sich im Rahmen der Erklärung geeinigt, dass dieser Zukunftsfonds errichtet wird. Beide haben gleichzeitig festgelegt, dass er der Finanzierung von Projekten gemeinsamen Interesses dienen soll. Es wurde auch festgelegt, mit welcher Summe beide Regierungen am Anfang den Zukunftsfonds dotieren.
Nun wird der Zukunftsfonds auch zehn Jahr alt. Wird er auch weiterhin existieren?
Der Zukunftsfonds wird eigentlich erst am Ende dieses Jahres sein Jubiläum feiern, weil er erst Ende 1997 auf Grund der Vereinbarung in der Erklärung gegründet wurde. Es sind bereits Gespräche darüber geführt worden, ob der Fonds weiterhin Mittel aus beiden Staaten erhalten wird. Der politische Wille war eindeutig. Beide Seiten haben beschlossen, dass der Fonds weiterhin existieren wird und in den Haushalten beider Länder wurden bereits Mittel sichergestellt.
Wenn wir jetzt zurückschauen auf die zehn Jahre, die seit der Unterzeichnung der Deutsch-Tschechischen Erklärung vergangen sind, kann man eine Bilanz ziehen, wie sich die deutsch-tschechischen Beziehungen in dieser Zeit verändert haben?
Das ist eine sehr komplexe Frage, die mehrere Ebenen hat. Wenn wir an die Erklärung im politischen Sinne denken, kann man sagen, dass sie für beide Staaten etwas gebracht hat, das über den engen bilateralen Rahmen hinausgeht. Ich glaube, Deutschland wurde durch die Erklärung zum Beispiel in seinen Bemühungen gestärkt, eine aktivere und wichtigere Rolle in den internationalen Beziehungen zu spielen. Tschechien wiederum wurde durch die Erklärung auf dem Weg in die Nato und die Europäische Union gestärkt, weil das geregelte Verhältnis zu einem Nachbarn dafür sicher ein positives Zeichen war. Selbstverständlich hat die Deutsch-Tschechische Erklärung auch zu einer Entspannung in den gegenseitigen Beziehungen beigetragen. Konkret zu den Projekten lässt sich sagen: Dank des Fonds konnten zum Beispiel auch die NS-Opfer entschädigt werden. Zudem wird das Engagement der jungen Tschechen und Deutschen und aller Bürger, die sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen engagieren vom Fonds unterstützt.
Lässt sich sagen, wie viele Projekt seit 1997 vom Zukunftsfonds im Bereich der deutsch-tschechischen Beziehungen gefördert worden?
Wir bekommen jährlich Hunderte von Anträgen. Und seitdem der Zukunftsfonds seine Arbeit aufgenommen hat, hat er mehr als 4000 Projekte unterstützt. Das spricht meiner Meinung nach tatsächlich für eine sehr intensive, gute Beziehung und für eine gute Zusammenarbeit auf der zwischenmenschlichen Ebene.
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Tschechisch-Kurs leicht gemacht - Die neue Sprachkursdatenbank der Euregio-Egrensis
Artikel 88040 06.02.2007
Tschechisch ist zu schwierig. Die Tschechen sprechen doch sowieso Deutsch und außerdem kann man sich auch auf Englisch verständigen - Ausreden gibt es viele, die Sprache des Nachbarn nicht zu lernen. Wer sich aber doch einmal dazu entschlossen hat, dem wird es in der bayerischen Grenzregion künftig leicht gemacht.
Ende Januar 2007 wurde die Sprachkursdatenbank der Euregio Egrensis, Arbeitsgemeinschaft Bayern, freigeschaltet. Sie macht die Suche nach Tschechisch-Kursen einfach. Geschäftsführer Herbert Ehm erzählt, wie die Sprachkursdatenbank entstanden ist:
"Bei der Erstellung dieser Sprachkursdatenbank haben wir mit Lingua Porta zusammengearbeitet. Das war eine bereits bestehende Datenbank, die sich allerdings auf die Regionen Sachsen, Polen und Tschechien beschränkte. Wir haben das Angebot jetzt in Zusammenarbeit mit Lingua Porta auf das gesamte Gebiet der Euregio Egrensis ausgedehnt."
Rund zwanzig bayerische Einrichtungen - größtenteils Volkshochschulen - wurden neu aufgenommen. Zusammengenommen bieten sie für das kommende Semester allein in Bayern über 65 Tschechisch-Kurse an. Auf einer Karte kann der Internet-Nutzer den Kreis auswählen, in dem er einen Sprachkurs sucht. Die Datenbank gibt ihm dann Auskunft über die Orte, in denen Kurse stattfinden, die Höhe der Teilnahmegebühren sowie den Beginn der Kurse. Ebenso funktioniert auch die Suche nach Deutsch-Kursen in Tschechien.
Die Sprachkursdatenbank ist Teil einer "Sprachoffensive", die die Euregio Egrensis, Arbeitsgemeinschaft Bayern, vor gut einem Jahr gestartet hat. Harald Ehm über ihre Ziele:
"Es gibt drei Ziele. Zum einen wollen wir ein stärkeres Bewusstsein schaffen, Überzeugungsarbeit leisten und stärkere Nachfrage wecken. Das heißt, wir wollen Lobbyarbeit betreiben, damit sich stärker mit Tschechisch beschäftigt wird. Zweitens wollen wir gute Beispiele aufzeigen, eine Vernetzung in der Region erreichen und den Erfahrungsaustauch intensivieren. Das dritte Ziel ist, das Angebot zu erhöhen und fachlich zu unterstützen."
Neben der Sprachkursdatenbank wurde im Rahmen der "Sprachoffensive" zum Beispiel ein Erfahrungsaustausch für Dozenten und Kursleiter eingeführt. Um auch unter Schülern Interesse zu wecken, werden an bayerischen Schulen außerdem Sprachanimateure eingesetzt, die den Kindern und Jugendlichen die tschechische Sprache näher bringen sollen. Dass es wichtig ist, auf deutscher Seite Tschechisch zu lernen, steht für Ehm außer Frage:
"Wir wollen unseren Leuten sagen: Wenn ab 2011 auf allen Ebenen die Freizügigkeit innerhalb der EU gewährleistet ist, werden wir einen gemeinsamen Arbeitsmarkt haben. Wir müssen unsere Leute darauf einstellen, dass Tschechisch ein Qualitäts- und Qualifizierungsmerkmal sein kann - auch für den Arbeitsmarkt."
Doch nicht nur auf deutscher Seite sieht Harald Ehm Handlungsbedarf. Zwar wird in Tschechien sehr viel häufiger Deutsch gesprochen als es andersherum der Fall ist, doch die Zahlen der Schüler, die Deutsch lernen, sind rückläufig. Das ist eine Folge der tschechischen Schulpolitik, die Englisch als erste Fremdsprache stärker fördert. Harald Ehm:
"Wir wollen deswegen gerade auch hier im Grenzgebiet auf tschechischer Seite mit unseren tschechischen Partnern Veranstaltungen anbieten, um darauf hinzuweisen, Deutsch in den tschechischen Schulen nicht zu vernachlässigen, weil das gerade im Grenzgebiet auch weiterhin wichtig sein wird."
Die Tschechisch-Sprachkursdatenbank findet man unter der Internetadresse www.euregio-egrensis.de
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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im tschechischen Landesteil der Tschechoslowakei die größten Bevölkerungsverschiebungen ihrer Geschichte in Gang gesetzt, an denen mindestens fünf Millionen Menschen beteiligt waren. Ungefähr 3,3 Millionen Deutsche flohen, wurden vertrieben oder ausgesiedelt. Die große Mehrheit von ihnen hatte in den Grenzgebieten (den ehemaligen Sudetengebieten) gelebt. Dorthin zogen in den ersten Nachkriegsjahren mindestens 1,7 Millionen Tschechen und Slowaken als Neusiedler. Nach dem Abschluss des Wiederbesiedlungsprozesses bestand die neue Gesellschaft in den ehemaligen Sudetengebieten im Durchschnitt zu über zwei Dritteln aus Neusiedlern. Das Zusammenleben zwischen tschechischen Neu- und Altsiedlern gestaltete sich aber nicht immer konfliktfrei.
Neben Flucht, wilder Vertreibung und Zwangsaussiedlung der deutschen Bewohner prägte in den ersten Nachkriegsjahren vor allen Dingen die Zuwanderung neuer Siedler aus dem tschechischen Binnenland das Migrationsgeschehen in den Grenzgebieten der böhmischen Länder. Die ethnische, kulturelle und wirtschaftliche Struktur änderte sich durch die Wiederbesiedlung innerhalb von wenigen Jahren grundlegend. Die Neusiedler übernahmen Bauernhöfe, Betriebe, Häuser und anderen von den Deutschen konfiszierten Besitz. Der kommunistische Innenminister Vaclav Nosek fasste auf einer Sitzung der staatlichen Besiedlungskommission im Juli 1945 die Ziele der Besiedlungspolitik zusammen:
"Wir müssen die Grundlage für einen Nationalstaat der Tschechen und Slowaken schaffen. Es geht darum, nach einem einheitlichen Plan die Deutschen und Magyaren aus dem Grenzgebiet auszusiedeln und es mit Angehörigen slawischer Nationen zu besiedeln. Es wird viele Hindernisse geben, aber die Deutschen und Magyaren müssen raus!"
Bei Kriegsende lebten mindestens 600.000 Tschechen in den Grenzgebieten. Mit regionalen Ausnahmen hatten die Tschechen dort in der Vergangenheit immer einer deutschen Bevölkerungsmehrheit gegenübergestanden Wie gestaltete sich nun in den ersten Nachkriegsjahren das Verhältnis von tschechischen Alteingesessenen und tschechischen Neusiedlern? Beide Gruppen unterschieden sich in vielerlei Hinsicht. Der wichtigste Unterschied war zunächst, dass diejenigen Altsiedler, die die Grenzgebiete 1938 nach deren Anschluss an das Deutsche Reich nicht verlassen hatten, in der Regel ihr ganzes Leben in unmittelbarer Nachbarschaft zu Deutschen verbracht hatten. Viele von ihnen lebten in deutsch-tschechischen Ehen, zudem existierten verschiedene Formen beruflicher Kontakte und Verbindungen. Je nach Herkunftsgebiet beschränkte sich bei zahlreichen tschechischen Neusiedlern aus dem Binnenland dagegen die Erfahrung mit Deutschen auf die Besatzungszeit. Die ersten Neusiedler kamen in die Grenzgebiete, als die Stimmung gegen die Deutschen und die nationalistische Atmosphäre nach den Demütigungen und Erlebnissen der Protektoratszeit ihren Höhepunkt erreichte.
Gerade über den Umgang mit den Deutschen gab es Meinungsunterschiede zwischen tschechischen Neu- und Altsiedlern. Einige der Zugewanderten warfen den tschechischen Altsiedlern vor, sie würden die Deutschen schützen. Ein Polizeikommandant aus Karlsbad berichtete z.B. im Juni 1945:
"Die hiesigen Tschechen werden sehr häufig durch Bekanntschaften oder persönliche Beziehungen mit den Karlsbader Deutschen von einem harten Vorgehen gegen sie abgehalten und fordern für bestimmte Deutsche Ausnahmen."
Obwohl die Stimmung in der Nachkriegszeit mehrheitlich gegen die Deutschen gerichtet war, gab es durchaus Tschechen, die Gewaltanwendung, Diskriminierungen und Willkür gegenüber den Deutschen kritisierten. Ein unbekannter Autor empörte sich in einem Schreiben an das Innenministerium darüber, dass die Mitglieder des lokalen Nationalausschusses in Liberec / Reichenberg bei den Deutschen und auch bei Antifaschisten willkürliche Hausdurchsuchungen vornähmen. Der Schreiber kritisierte, dass die Polizei nicht einschreite und die Betroffenen keine Möglichkeit besäßen, sich zu wehren:
"Leben wir denn nicht in einem Rechts- und Kulturstaat? So ein Vorgehen und so ein rücksichtsloses Verhalten, bei dem den Leuten der Besitz geraubt wird, kann man nur vergleichen mit den Verhältnissen im wilden Westen, keineswegs aber mit denen in einem Rechtsstaat."
Noch schärfer fiel die Kritik an Willkürmaßnahmen gegen die Deutschen in einem Beschwerdebrief tschechischer Altsiedler in Teplice /Teplitz aus:
"Wenn wir unseren Ruf als eine slawische Kulturnation bewahren wollen, dann dürfen wir auch als Sieger nicht schlimmer sein als die Deutschen selbst. Eine angemessene und gerechte Bestrafung ist notwendig, aber wir dürfen nicht aus Rachsucht schlimmere Ungerechtigkeiten begehen als sie."
Auch Tschechen, die mit Deutschen in sogenannten gemischten Ehen lebten waren auch häufig Anfeindungen anderer Tschechen ausgesetzt. Eine Zeitschrift aus Liberec ("Anzeiger aus dem Grenzgebiet") empörte sich im Sommer 1946 über die steigende Zahl junger Tschechen, die deutsche Frauen heiraten wollten:
"Die deutschen Mädchen sind sehr geschwind, und sie bemühen sich radebrechend auch tschechische Worte zu verwenden. Sie scheuen auch keineswegs davor zurück, sofort schwanger zu werden, da sie annehmen, dass sie sich dadurch vor der Abschiebung retten können."
Die zitierte Zeitschrift äußerte generelle Zweifel darüber, ob Angehörige gemischter Ehen überhaupt in den Grenzgebieten bleiben sollten:
"Es ist überhaupt die Frage, ob diese gemischten Ehen für das Grenzgebiet einen ausreichend standfesten Pfeiler des Volkes bilden. Es ist daher kein Wunder, wenn Vorschläge um sich greifen, die Mehrheit der [...] gemischten Ehen im Grenzgebiet gegen Familien aus dem Binnenland mit einem festen Nationalbewusstsein auszutauschen. An die Grenze gehören nur Individuen, die national absolut fest und tüchtig sind. Aus gemischten Ehen gehen sie aber nur selten hervor."
So gab es denn beim Innenministerium und anderen Behörden ernsthafte Überlegungen, tschechisch-deutsche Ehepaare zwangsweise ins Binnenland umzusiedeln. Diese Pläne wurden aber letztendlich nicht in die Tat umgesetzt.
Konflikte zwischen Neu- und Altsiedlern entbrannten aber auch um die Verteilung des konfiszierten Besitzes der Deutschen. Als in den ersten Nachkriegswochen und -monaten Tschechen zu Tausenden in die Grenzgebiete strömten, wurden sie deshalb nicht immer und überall willkommen geheißen, stellten sie doch Konkurrenten bei der Besetzung aussichtsreicher Posten und der Verteilung des von den Deutschen konfiszierten Besitzes dar. Häufig misstrauten Behörden und Alteingesessene den Neusiedlern, weil sich unter ihnen Personen befanden, die bereits über ein Vorstrafenregister verfügten oder die die unklaren Nachkriegsverhältnisse ausnutzten, um sich zu bereichern. Im nordböhmischen Bezirk Decin / Tetschen berichtete der Sicherheitsdienst:
"Ein Teil der tschechischen Bevölkerung aus dem Binnenland ist nur mit der Absicht hier hergekommen, sich auf Kosten des nationalen Besitzes, der von den Deutschen konfisziert wurde, durch den Erwerb von profitablen Geschäften, Gewerbebetrieben und leitenden Posten zu bereichern, obwohl sie dafür überhaupt keine Fähigkeiten besitzen."
Für solche Personen wurde bald der Begriff "Goldgräber" verwendet. Der Kreisgewerkschaftsrat in Plzen / Pilsen warnte in einer Mitteilung potentielle Siedler davor, nur zur persönlichen Bereicherung in die Grenzgebiete zu kommen:
"Macht Euch bewusst, dass Euch die Republik dort hinschickt, damit Ihr dort auf angeordneter Stelle dient, damit Ihr insgesamt nützlich seid. Derjenige, der nur aus persönlichem Profit wegen des Goldes ins Grenzgebiet gehen will, der sollte lieber zu Hause bleiben."
In den Berichten über Probleme und Beschwerden der Bevölkerung taucht die Unterscheidung zwischen tschechischen Alt- und Neusiedlern im Laufe der Zeit aber immer seltener auf. Anfang der fünfziger Jahre wurden bei tschechischen Alt- und Neusiedlern gleichermaßen in erster Linie wirtschaftliche Probleme, Arbeitsfluktuation und Mängel der Infrastruktur diskutiert. In den von verschiedenen Behörden erarbeiteten Analysen der Stimmung in der Bevölkerung spielten Auseinandersetzungen zwischen den Siedlergruppen immer weniger eine Rolle.
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Verschwundene Orte in Tschechien - 05.05.2007 - Artikel 91045
Im Internet unter Zanikleobce.cz sind über 1300 Orte in Tschechien verzeichnet, die ganz oder teilweise verschwunden sind. In den Grenzgebieten der böhmischen Länder, den ehemaligen Sudetengebieten, sind nach 1945 hunderte Ortschaften verschwunden, weil nach dem Zweiten Weltkrieg die deutschen Bewohner aus ihnen vertrieben wurden. Andere Dörfer wurden in den fünfziger Jahren aufgelöst, weil sie zu dicht an der Staatsgrenze lagen.
Hinter dieser Internetadresse verbirgt sich eine umfassende und ständig wachsende Datenbank (auch in deutscher Sprache), die dem Benutzer Informationen über verschwundene Orte in Tschechien bietet. Neben statistischen Übersichten und Karten gibt es dort zahlreiche Postkarten und Fotos. Diese zeigen viele Orte in ihrem ursprünglichen und in ihrem heutigen Zustand.
Pavel Beran, der Initiator dieses Projekts:
"Die Internetseite www.zanikleobce.cz zielt darauf ab, verschwundene Siedlungen in Tschechien zu kartieren. Ursprünglich bezog sich das nur auf das Grenzgebiet und auf Nordböhmen. Schrittweise wurden der Böhmerwald und weitere Gebiete einbezogen. Heute sammeln wir Informationen über das ganze tschechische Gebiet. Am Anfang haben wir uns auch nur auf verschwundene Städte, Dörfer und Gemeinden konzentriert. Mittlerweile sammeln wir aber auch Informationen über verschwundene Objekte, wie zum Beispiel Kirchen, Fabriken, Mühlen, Schlösser und Ähnliches.
Den größten Raum nehmen Orte und Objekte ein, die als Folge der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung allmählich verschwanden. Ein weiterer wichtiger Grund für die Auflösung von Ortschaften war die Einrichtung von so genannten Grenzschutzzonen. Auch durch die industrielle Entwicklung mussten Ortschaften weichen, so zum Beispiel durch die Ausweitung der Kohleförderung oder der Bau von Wasserwerken und Talsperren. Als letzter wichtiger Grund ist die Einrichtung von Militärübungsgeländen zu nennen."
Die freigewordenen Gebiete wurden mit Tschechen besiedelt. Die etwa 1,7 Millionen Neusiedler reichten aber nicht aus, um alle Häuser, Dörfer und Städte ausreichend zu besiedeln. Tausende von Fabriken und Betrieben wurden wegen Arbeitskräftemangel geschlossen oder verlegt, Bauernhöfe aufgelöst, landwirtschaftliche Flächen aufgeforstet. Die Menschen, die neu in die Grenzgebiete kamen, ließen sich vorzugsweise in landwirtschaftlich attraktiven Gebieten oder in den Städten nieder. Hunderte von Siedlungen und Dörfern waren in der Folge nur noch sehr spärlich oder gar nicht mehr bewohnt.
Es gibt Orte, die ganz verschwunden sind!
"Natürlich, das hatte aber unterschiedliche Gründe. Es gab Orte, die lagen ziemlich dicht an der Grenze und auch in den fünfziger Jahren hat man eigentlich nicht unterschieden, ob es West- oder Ostdeutschland war. Es gab Grenzstreifen, Grenzsperren, Stacheldraht und die Bewachung war im Böhmerwald gegen Bayern genauso wie gegen Sachsen. In diesem Grenzstreifen durften natürlich keine Häuser stehen. Da wurde wirklich ein Strich auf der Karte gezogen und die Häuser, die jenseits dieses Strichs lagen wurden planiert, demoliert, ganz planmäßig. Das hat das Militär gemacht, im Rahmen von Übungen. Die haben Häuser zerlegt auf Balken und Ziegel. In Dolni Zleb haben sie sogar Schiffe aufgestellt, direkt an den Häusern und das Baumaterial stromaufwärts gezogen und dann auf Güterwagen umgeladen und dann in die Slowakei geschickt. Aus diesem Material wurden in der Slowakei Fabriken und Wohnhäuser gebaut. Dadurch ist eigentlich die Industrialisierung der Slowakei erst angekurbelt worden. Es wurden auf gleiche Weise auch ganze Fabriken aus dem Sudetengebiet in die Slowakei verlegt."
Gibt es Orte, die sich Schritt für Schritt aufgelöst haben?
„Man hat dann in den sechziger Jahren die Ruinen überall planmäßig beseitigt. Es gab sogar eine Vorschrift, nach der die Grundmauern noch dreißig Zentimeter unter der Erde entfernt werden mussten, was natürlich sehr selten geschah, weil es zu viele leer stehende Häuser und Ruinen im Grenzgebiet gab."
Aber nicht alle Orte, die heute als verschwunden gelten, sind wirklich verschwunden?
"Genauso ist es. Es werden auch Orte als verschwunden genannt, die als selbstständige Orte aufgelöst und eingemeindet wurden. Das wird in den Lexika als verschwunden bezeichnet, aber der Ort ist nach wie vor da. Die Häuser wurden alle umnummeriert. Für einen nicht Ortskundigen ist es ein Beweis, dass es diesen Ort nicht mehr gibt, aber die Häuser sind nach wie vor da, wo sie immer waren.
Bei Chomutov / Komotau, Kadan / Kaaden und Most / Brüx sind durch die Kohleförderung viele Orte verschwunden. Dann gibt es noch das Militärsperrgebiet bei Duppau / Doupov. Da ist eigentlich nach dem Krieg ein ganzer Gerichtsbezirk platt gemacht worden. Der wurde nicht mehr besiedelt, beziehungsweise die Tschechen, die gekommen waren, wurden gleich wieder umgesiedelt und bekamen andere Häuser zugeteilt. Die leeren Häuser dienten dann als Zielscheiben für Panzer. Das gleiche gab es bei Wischau / Vyškov in Mähren."
Die Datenbank über die verschwundenen Orte und Objekte in Tschechien wird weiter wachsen. Eine genaue Zahl, wie viele Dörfer und Gemeinden als Folge der Vertreibung, durch Grenzsicherungsmaßnahmen oder Industrieprojekte insgesamt in Tschechien verschwunden sind, gibt es bis heute noch nicht.
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15 Jahre Internet in Tschechien - Radio Prag seit 1994 im World Wide Web
Artikel 88296 13.02.2007
Der 13. Februar 1992 wird in Tschechien als der Tag angegeben, an dem das Internet auch hierzulande eingeführt wurde. Das war also noch zu Zeiten der damaligen Tschechoslowakei, als die Technische Hochschule in Prag an jenem Tag offiziell mit dem Betrieb des Internets begann. In der Praxis war der Internetbetrieb schon einige Monate früher in Gang gebracht worden. Und schien dieser Gang anfangs nur eine schleppende Ausbreitung zu ermöglichen, so hat er bis heute einen Prozess in Rollen gebracht, der für viele Tschechen schon zum Alltag gehört.
Zur Fülle der weltweiten Informationen trägt auch seit mehr als einem Jahrzehnt die Webseite www.radio.cz von Radio Prag bei. Wie lange genau, das sagt Ihnen die Leiterin der Internetredaktion, Lenka Zizkova:
"Die Internetseite von Radio Prag wurde im Jahre 1994 gestartet. Damals waren es nur ganz simple Seiten, auf denen man Nachrichten, die Presseschau und einen Kommentar nachlesen konnte. Seit 1996 werden unsere Internetseiten fachmännisch betreut: Sie sind seitdem farbig, auf ihnen werden den Hörern Dienstleistungen angeboten sowie viele weitere Informationen, die unabhängig von den Radiosendungen sind."
1994 war das Internetportal von Radio Prag übrigens das erste Medium in Tschechien, das ins World Wide Web gestellt wurde. Im Verlauf dieser 13 Jahre wurde es ständig von immer mehr Usern geöffnet:
"Im Jahr 1996 hatten wir nur wenige Internetnutzer. Aber 1998 war ihre Zahl schon auf 50.000 gestiegen, während wir im Jahr 2004 bereits 300.000 User registrieren konnten. Gegenwärtig werden unsere Internetseiten von mehr als 700.000 Usern pro Monat besucht."
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Brücke/Most-Stiftung / Nadace Brücke/Most
Büro Dresden: Reinhold-Becker-Str. 5, 01277 Dresden,
Telefon: +49 351 433 140, Fax: +49 351 433 141 33
Büro Prag: Na Poříčí 12, 110 00 Praha 1
Telefon: +420 222 233 530, Fax: +420 222 233 530
Besuchen Sie auch die Präsentationen im Internet unter:
Brücke/Most Stiftung | Brücke/Most-Zentrum | Pragkontakt | Tschechisch-Deutsche Kulturtage | Zeitzeugendialog | Dialog pamětníků | Global Generation
Die „Brücke/Most-Stiftung“ ist eine Stiftung des Bürgerlichen Rechts. Sitz der Stiftung ist Dresden,
Stiftungsverzeichnis AZ: 21-563 Stiftung „Die Brücke/Most“ beim Regierungspräsidium Dresden,
Vorstand: Prof. Dr. Helmut Köser (Vorsitzender), Dr. Stephan Nobbe, Dr. Paul Selbherr, Peter Baumann (geschäftsführend),
Vorsitzender des Kuratoriums: Prof. Dr. Otto Luchterhandt
Vertretung Prag, Brücke-Institut gemeinnützige GmbH,
Sitz der Gesellschaft: Dresden, Amtsgericht Dresden, HRB 15 493, Geschäftsführer: Peter Baumann